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Im Keller: halb so lustig

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Ateliertheater: Da Vermutungen verständlicherweise der Fixierung widerstreben, soll man nicht beurteilen, ob das in einer österreichischen Erstaufführung gezeigte Stück „Das Naturtalent” von dem Schweizer Hermann Ferdinand Schell gut oder schlecht, komisch oder langweilig Ist. Man wüßte es gerne, weil die Uraufführung im Stadttheater Bern ein großer Erfolg war; die freie Wiener Bearbeitung und Inszenierung von Veit Relin allerdings ließ im Eifer, eine „österreichische Komödie” zu schaffen, vom Original sicherlich nicht viel übrig. Wollte doch der Hausherr vor allem einmal über hiesige Theaterpraktiken, Ansichten, Kulturzustände und so überhaupt seine maßgebliche Meinung kundtun, seinem Grant über mangelnde Subventionierung Luft machen. Relin hat das als Dauerbezieher zwar nicht notwendig — sagt er auch noch so laut das Gegenteil —, aber selbst wenn er sich mehr für die Kultur im allgemeinen, nicht für seinen eigenen Säckel echauffierte, und selbst wenn er dabei im Recht wäre, so bleibt die pseudosatirische Lamentatio trotzdem eine verunglückte, geistlose Angelegenheit. Als Draufgabe sollte das Ganze eine Hetz sein, schließlich versteht auch ein Mann mit Bart etwas vom Spaß. Und so kommen sie denn, die kleinen Schauspieler und die kleinen Schauspielerinnen und die kleinen Regisseure und viele sonstige kleinen Leute von kleinen Theatern und lachen sich schief über den großen Direktor des Theaters in der „Gumpendorf” und über den großen Kritiker der „Groschenzeitung” und verstehen alle noch so fein gesponnenen Scherze, und die paar anderen Zuschauer, nicht so nahe dem Herzschlag der Branche, sitzen daneben und kommen bei der Hälfte nicht mit und finden’s halb so lustig. Noch dazu da diese Manifestation eines Entscheidungsunvermögens zwischen Komödie und Kabarett auch sonst reichlich schwach ist. Mit derartigen Blindgängern von Spasettln kann man in keinen Kulturkrieg ziehen, auch wenn hie und da ein Treffer Wirkung verspricht. Ein Abend ohne Witz und Tief gang. Die Schauspieler bemühten sich im Bühnenbild von Adolf Smalix mit durchschnittlichem Erfolg.

Theater am Börseplatz: In ihrer „werkstattarbeit 1” bringen die Komödianten „circus, eine erzählung ohne worte” — eine Erzählung vom Leben und fruchtlosen Wirken fahrender Leute, das Exempel trauriger Stagnation; Versuche im Hinterhof, die nicht weiterbringen werden, weil die „.Clowns” den Zug anderswohin immer verpassen. Festgefahrene Bemühungen auf dem Wege zu wertlosen Triumphen, Bild und Symbol verpaßter Gelegenheiten. In den Intentionen fast schon absurdes Theater, nur konkreter, deutlicher in den Umrissen, komplizierter und differenzierter in der Darstellung; anfechtbar als Philosophie, läppisch als Attacke gegen das „Bürgertum”, aber großartig als dramatische, existentielle Situationen. Sie werden — durch den Wegfall des Wortes gezwungen — ins gestisch Bedeutsame umgesetzt und kommen trotz der Nähe zur epischen Dramatik Brechts auch der Methode Stanislawski ziemlich nahe. Nicht immer können dabei Leerläufe vermieden werden, aber das Ensemble ist vorzüglich einstudiert, die Leistung beachtlich. Für Idee, Bühnenbild und Regie zeichnet Conny Hannes Meyer.

Theater der Courage: Das 1945 uraufgeführte Stück „Dream Girl” des Amerikaners Eimer Rice ist die Geschichte eines stets träumenden Mädchens. Es träumt von schriftstellerischen Erfolgen und von einem ebenfalls gerne träumenden Mann, um am Ende doch einen stets witzelnden, aber realistischen Sportjournalisten zu heiraten. Das Stück ist simpel, harmlos, unbedeutend, in der Technik nicht besonders originell, wenn auch handfest und nicht unsympathisch. Die Regie von Peter Loos war zwar ebenfalls handfest, hätte aber in dem Fall viel graziösstimmungsvoller sein müssen. Die dramatische wie optische Auflösung der Träume Georginas war reichlich einfach, um nicht zu sagen primitiv, und brachte das an sich schwache Stück nicht zum Leuchten, obwohl einige Szenen gut gelungen waren. Nicht ganz unschuldig an den Schwierigkeiten dürfte sicherlich das Bühnenbild von Wolfgang Müller- Karbach sein. Nur die Kostüme von Susi Thaler und unter den Darstellern die talentierte Brigitte Stefan als Georgina fielen angenehm auf.

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