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Kafka in Rosarot

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Zwei Einakter im Akademietheater: Fritz von Herzmanovsky Orlando: „Zerbinettas Befrei u n g", und Karl Valentin: „Der Firmling". Axel von A rn-besser führt Regie und spricht die Regieanweisungen, die bei dem Werk des Malers, Dichters, Weltdeuters Herz-manovsky-Orlando, dessen Wegbereiter Friedrich Torberg geworden ist, zu dem Wesen des „Stückes" gehören. Theaterstück? Herzmanovsky-Orlando schafft Gesamtkunstwerke ganz eigener Art, Symphonien in Worten, Tönen, Farben, die alle wohl erinnern, nicht aber haften, nicht verhaften sollen. Erinnerung, Zauber der Erinnerung gilt in dieser Commedia: dem „süßen Leben" Alteuropas, wobei Alt-Venedig eine Chiffre für Altösterreich und jenes ganze Alteuropa ist, von dem Talleyrand sagte: Wer nicht vor 1789 gelebt hat, weiß nicht, wie süß das Leben ist. Für 1789 mag bei uns 1918 stehen. Herzmanovsky-Orlando, der durchaus kein Reaktionär ist, sieht den Einbruch des Barbarentums durchaus von innen kommen, als Provinzialismus. Als Chiffre hat er sich „Linz“ in diesem Stück erwählt. Die schöne Stadt an der Donau, die Stadt Stifters und einer modernen Galerie, möge es ihm verzeihen. Wie immer dem sei: es bedarf hoher Kunst, diesen Kafka in Rosarot und Aquamarin, in dem alles Spiel Anspielung auf ferne und nahe Schönheiten und Schrecken ist, auf die Bühne zu bannen. In der vorzüglichen Aufführung hier gelingt es. Um Johanna Matz begibt sich

das zauberhafte Spiel. — Ganz anderer Natur ist die tragikomische Posse des Münchner Komikers Karl Valentin. Er selbst und Lisi Karlstadt haben einst ihre Aufführung berühmt gemacht. Inge Konradi, als Firmling, und Hugo Gottschlich machen aus dieser bayrischen Posse durchaus ihr Werk, das sich sehen lassen kann. — Schade, daß beide Stücke, im guten Sinne Karnevalsstücke, erst kurz vor Aschermittwoch hier herauskamen.

Goldonis „Lūgne r“, inszeniert von Arno A s s m a n n, in der Josefstadt. Die freie Bearbeitung von Anton Hamik, die neuen Gesangstexte von Kurt Nachmann rauben dieser Commedia dell’ arte den Silberstaub, den sie seit langem an-gesetzt haben, und belasten sie mit Schwere. Dazu wird buchstäblich auf Schritt und Tritt die Theatermaschinerie sichtbar. Von den Schauspielern ist nur Karl Fochler als Vater der beiden heiratslustigen Töchter goldoninah. Helmuth Löhner, dem die Hauptrolle des „Lügners“ anvertraut ist, ist ein lustiger, lieber Bursche, der brav springt, aber keine Figur, die den Zauber der Schwerelosigkeit, steter Verwandlung ausstrahlt. Die Damen, Elfriede Irrall (vielleicht überanstrengt durch so viele große Rollen in der letzten Zeit?), Barbara Khol und auch Luzi Neudecker bieten ehrsames Mittelmaß. Erfreulich Wolfgang Hebenstreith und Leopold Hainisch in der Burleske; nett, nicht viel mehr, Klaus Löwitsch und Michael Heltau als Freier. Freundlicher Beifall.

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