6532857-1946_01_11.jpg
Digital In Arbeit

Lebenssegen

Werbung
Werbung
Werbung

„So nimm — wie Tag für Tag in deine Fenster Der Stephansturm, bald sonnenüberglänzt. Bald schwarz von Regen, weiß von Flocken, grüßte. Das Wienerische mit in Werk und Wirken.

Das Leben soll der Wunder größtes sein, Das ganz erlebte aller Leidenschaftenl Nichts sei dir fremd und alles sei dir Gnade, Ob Glück, ob Leid, ob Lorbeer oder Not, Und wenn du mit dem ärmsten Kameraden Den letzten Heller teiltest, Arm in Arm Mit trunknen Weisen neuen Wein geleert. Stets folgt dem Auf ein Ab, dem Ab ein Auf. Du magst mit Königen auf goldnen Tellern, Magst mit Unsterblichen in Trattorien Die unvergeßlich karge Mahlzeit speisen. Es wird kein Glück sein, das du nicht verkostet. Und helf dir Gott vor dem gerüttelten. Dem vollen Maß des vorbestimmten Unglücks.

Ob unter Palmen, ob im Kugelregen,

Geliebt, gehaßt, beklatscht und ausgepfiffen.

Zu hartem Schweigen jahrelang verurteilt.

Bald allzufrüh, bald allzuspät bekränzt.

Von Ehrgeiz krank und um ein Nichts verhätschelt —

In allem herrscht ein hoher, weiser Wille,

Der auch nicht anders kann, weil ein Gesetz

Für alles, was im Weltall kreist und lebt.

Im Ring, der ewig in sich selber kehrt,

— Ob Kettenglied, ob Kronreif: einerlei —

Die Fessel seiner Daseinsordnung schmiedet.

Bringst du dein Kettenglied geläutert heim, Dann mag es dir im Sterben Krone werden, Die Demut still nach oben reichen darf. Wo du gewogen wirst für alle Zeit.

Ganz leise magst du sagen: .Wenn ich fehlte.

Ich habe viele Menschen froh gemacht.

Half, wo zu helfen galt. Wenn andrer Augen

Im Lachen vieler Freude aufgeleuchtet.

Da war ihr Glück mein Glück. Wo ich daheim.

Dort weiß man noch zu lächeln unter Tränen,

Da wird zum Tanz, was anderswo Gebet,

Da lacht das Glück, der Leichtsinn und der Trotz,

Denn unbesiegbar ist allein, wer lacht.

Die mir die Liebsten — ihnen laß ich nichts

Als eines: dein ist, was dein Herz besitzt.

Dein Geist erfaßt, dein Aug' und Ohr genoß.

Und was vom Lichtschatz dieser Welt in dich

Als Güte, Liebe, Schönheit Einzug hielt.

Was ich getan, ich tat es ganz und gut.

So gut ich es vermocht. Befühl den Ring

Und poch an sein Metall, das ohne Fehl,

Sein Klang ist rein, und formvollendet. — Horchl

Er klingt wie volle Gläser jungen Weines,

Der auf den Hügeln meiner Heimat blümte.

Klingt auf das Wohl der schönen Welt um mich

Und was ich ihr verdanke, ward mein Dank.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung