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Musica nova im Sendesaal

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Drei „Musica-nova“-Konzerte im großen Sendesaal des österreichischen Rundfunks versuchten einen Uberblick über das neue Musikschaffen zu geben. Im Mittelpunkt des ersten Konzertes (Rundfunkorchester unter Ernst Märzendorfer) stand Hans Erich Apostels „O d e“ für Altsolo und Orchester, nach Texten des Komponisten. Das Werk ist fünfteilig, zwischen drei Orchesterstücken stehen die beiden Gesänge „Von der Nacht“ und „Vom Tode“. Die Ausstrahlung kommt vom Mittelteil, dessen Dichte auch von Apostel nicht oft erreicht worden ist. Es gelingt ihm hier nicht nur im Sinne des Textes, Letztes zu sägen. Die Zwölftontechnik spielt dabei nur die Rolle des Ausdrucksmittels, erfüllt keinerlei Selbstzweck, man wird ihrer kaum bewußt, wie absolut sie auch gegeben ist. Daß der letzte Teil auf einer Rückläufigkeit des ersten basiert, entspricht gefühlsmäßig ebenso wie formal. Schwermut und Trauer sind seit Mahler kaum so überzeugend in Musik ausgedrückt worden. Marita L i I o v a s dunkle Altstimme gab den beiden Gesängen die Wärme der Worte. Die vorangehende „M u t a n z a“ für Orchester von Ingvar Lidholm, serielle Musik strengster Observanz, ist das Werk eines gewandten, sicheren Orchesterkomponisten, vor allem auf klangliche Kontraste gestellt. Die Technik ist enorm, die Wirkung verblüffend, die Nachwirkung gering. Ähnliches ist von Fritz Leitermeyers „Poly-phonie für großes Orchester“ zu sagen, darin der Komponist sich allerdings sichtlich bemüht, dem Hörer entgegenzukommen, ohne die Dodekaphonie zu verlassen.

Das 2. Konzert bestritt die Kammermusikvereinigung des österreichischen Rundfunks, Radio Wien. Hanns J e 1 i-nekä „Sonatina a tre“ für Oboe, Englischhorn und Fagott (aus dem Zwölftonwerk) mit ihrem leicht humoristischen Duktus darf als eines der besten Stücke dieser Gattung bezeichnet werden. Es wirkt nicht tief, doch es ist ein vergnügliches Spiel der drei Instrumente, das aus ernster und gekonnter Arbeit resultiert. Das Streichquartett Nr. 8 von Egon W e 11 e s z ist ein grüblerisches Werk, dessen spürbare Einheit in den vier Sätzen nicht auf Reihe oder Motiv, sondern auf der Wiederkehr bestimmter Intervalle (auch ausdrucksmäßig) beruht. Es ist eine noble, mehr subjektive als problematische Musik. Letzteres auf keinen Fall ist Jean Francaixs Quintett für Flöte, Violine, Viola, Violoncello und Harfe. So liebenswürdig diese Musik sich anbietet, ist sie doch mehr Haus- als Konzertmusik in überkommenen Klängen, die den Impressionismus zum Vater, die Spielfreude zur Mutter haben, in den Programmen der „Musica nova“ dagegen deplaciert wirken. Paul Konts „Septett in gemischter Manier“ stellt uns da vor andere Aufgaben. Zwischen serieller Arbeit und freier Erfindung will der Komponist eine Synthese schaffen, und es ist nach einmaligem Hören unmöglich, festzustellen, wie weit ihm dies gelungen ist.

Da9 3. Konzert (Wiener Symphoniker unter Swarowsky, Chor des Österreichischen Rundfunks) brachte in Niccolo Castiglionis „Rondels“ klangliche Überraschungen, die manche Hörer sicherlich als Zumutungen empfanden. Dennoch ist aus diesem seltsamen, anscheinend durchsichtigen, dennoch fremdartigen Geschehen, das elektronische Klänge von gebräuchlichen Instrumenten produzieren läßt. Lebendiges herauszuhören, das zukunftsträchtig scheint. Im Trompetenkonzert von Armin S c h i b 1 e r hörten wir eine wirkungsvolle, einer Art Zwölftönigkeit verhaftete Komposition mit äußerst schwierigem Solopart (Adolf Holler). Der Abend klang aus mit der an dieser Stelle mehrfach besprochenen Cantata profana „Dte Zauber-h i r s c h e“ von Bela B a r t 6 k.

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