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Poesievolles Kammerspiel

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Das Bühnenstück von Tennessee Williams „D i e Glasmenagerie“ wurde ein Film, der trotz eines angedeuteten Happy-Ends und trotz einer angedeuteten Rahmenhandlung nichts von der Poesie des Vierpersonenstückes verloren hat. Die Arme-Leute-Wchnung als der Schauplatz, der die quälenden Beziehungen der vier Menschen einengt, gibt in ihrer drückenden und dürftigen Hinterhaus-Atmosphäre um so mehr Raum für das Spiel der vier profilierten Gestalten: die von den Erinnerungen der Vergangenheit zehrende, enttäuschte, die Kinder mit einer hysterischen Liebe beherrschende und quälende Mutter, die verträumte, körperbehinderte, ins Spiel mit ihren Glasfiguren flüchtende Tochter, der an die eintönige Arbeit im Warenhaus gefesselte Sohn mit der Sehnsucht nach der Ferne, und der Freund, der als Freier in das Haus geführt wird und schon verlobt ist und für das scheue Mädchen durch seine natürliche gerade Art doch ein Tor aufstößt ins Leben. Hier ist der Film optimistischer als das Stück und wandelt das Moll des Schlusses in einen hellen Dur-Akkord. Daß die Jane Wyman der „Johnny Be-linda“ in gleicher Verhaltenhcit und Beherrschung der zarten Nuancen die Mädchenrolle spielt und der Satansreporter und Preisboxer Kirk Douglas sich in diesem Film zu der Schlichtheit eines einfachen hm.

g?n Menschen verwandelt, der aus einem Gefühl freundlicher menschlicher Teilnahme zu dem jungen Mädchen spricht, daß Arthur Kennedy, der in dem Film „Sieg über das Dunkel“ den Kriegsblinden spielte, den Bruder in seiner Alltäglichkeit überzeugend macht, illustriert, welches Aufgebot erster Darsteller der Regisseur für eine subtile Aufgabe verwendet hat: ein poesievolles Kammerspiel um Sehnsüchte und Träume mit viel Moll- und wenig Dur-Klängen zu schaffen, das dem Dichter gerecht wird und in das sich die Schauspielerpersönlichkeiten wie selbstverständlich einfügen. Erfreulicherweise sehen wir diesen 1950 entstandenen Film in der Originalfassung.

Eine Spur im Motiv verwandt dem zarten Thema von Williams ist Annemarie Selinkos Roman „Ich war ein häßliches Mädchen“ mit der Geschichte vom Mauerblümchen, die zum strahlenden Schwan wird, weil sie dem versnobten Filmheros gefällt. Aber was dort Poesie ist, ist hier Effekt und die Geschichte vom häßlichen Entlein wird mit den klappernden Requisiten der Dutzendgeschichten erzählt und im Film auch so inszeniert, daß man manchmal glauben könnte, es sei Reklame für Kosmetiksalons. Daß ein Star seiner selbst spottet und wahrscheinlich auch weiß wie, und daß Liebeneiner den gut pointierten Anfang, in die klischierte Dutzendgeschichte ausklingen ließ, schmälert nicht den Unterhaltungswert des Film's, der Zeitvertreib ohne Tiefgang ist.

So ist auch der amerikanische Revuefilm „Ander R i v i e r a“ einzuordnen, in dem eine virtuos gespielte Doppelrolle und ein paar Tanzparodien für den Spaß sorgen, der dem Zuschauer leider bei der französischen Moulin-Rouge-Paraphrase „F r e n c h Cancan“ vergeht. John Huston in dem britischen Film erwies sich als der größere Maler als Jean Renoir, der einzig mit einem wirbelnden Schlußtanz die Langeweile eines Films ohne Hauptpersonen und ohne Handlung wettmachen will und statt französischen Charme seine grobe Relativitätsmoral als Weltanschauung verkündet, nach dem Toulouse-Lautrec-Film mit seiner künstlerischen Sorgfalt eine doppelte Enttäuschung. Hingegen ist der amerikanische Kriegsfilm „Die Brücken von Toko-R i“, jüngster Filmniederschlag aus dem Koreakrieg, vom Technischen her sehenswert. Flugzeugträger, Düsenjäger, Hubschrauber wecken Erinnerungen an die unheimlichen Fanfaren vergangener Wochenschauen und eine unbedeutende Handlung versucht den Krieg in das Leben einzuordnen, den Krieg und den Tod, denn alle drei Hauptdarsteller gehen zugrunde. Freilich bleibt es beim Versuch. Der überwiegende Rest des Filmprogramms gehört dem Kriminalfilm in allen seichten Varianten wie der kitschbelasteten „Tochter der Mata Hari“, der billigen Spannung von „Chicago, 12 Uhr Mitternacht“ oder der Sex- und Crime-Pseudoromantik des „langen Wartens“,

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