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Der weiße Orpheus

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„Der Mann in-der Schlange nJ haut“ ist die siebente Verfilmung eines Dramas von Tennessee Williams („Orpheus descending"). Alle Vorgänger sind Hochfeste filmischer Regie und Darstellung gewesen. Auch diesmal bleibt kein Wunsch offen. Regie führt Sidney Lumet, unvergeßlich seit „Die zwölf Geschworenen“, und die drei Hauptrollen sind mit- Marlon Brando, Anna Magnani und Joanne Woodward ideal besetzt. Der Stoff ist vom Dichter schon vor 20 Jahren zu seinem Drama „Battle of Angels“ verarbeitet worden und geht auf eine indianische Legende zurück. Reste dieser Märchenpoesie finden sich in der „Schlangenhaut“ noch in den Bildern vom Höhen-, flug der fußlosen Vögel, die sich nur einmal auf die Erde niederlassen: wenn sie sterben . und vom Feigenbaum, der beim nicht mehr erwarteten Früchtetragen mit Christbaumschmuck behängt wird,

„Glocken aus das, Vögeln aus Glas, Eiszapfen, Lametta und goldenen Sternen “. Der Mann in der Schlangenhaut ist ein SOjähriger Barsänger (Orpheus und Siegfried zugleich), der seinem öden Le- ben entfliehen will Er gerät dabei an zwei Fräueh eine die im Trunk Vergessen vom senern threr Weleveraesserungs Ideale sucht, und eine zutiefst Verwundete, deren Ehemann vor Jahren ihren Vater zu lynchen mitgeholfen hat. Der Untergang vollzieht, sich in Mord und Brand. Williams ist Pessimist; sein Grundthema ist das Scheitern des einzelnen in der Gemeinschaft, wofür er seltsam verschlüsselte Formeln wählt. Wer sie wörtlich nimmt, wird in Williams-Dramen nie anderes als überhitzte Ereignisse und hysterische Figuren sehen. Wer Augen hat, zu sehen, dem reißen menschliche Hintergründe auf, Abgründe von grausiger Tiefe und Aufblicke von kindlicher Gläubigkeit.

Wenn die vielgerühmten französischen Filme unserer Tage nur einen Funken dieser dichterischen Glut hätten! Der Weg des begabten Regisseurs Henri-Georges Clouzot ist seit 20 Iahten mit poesieloser Sensation gepflastert. Unnotwendig hat er von der Nouveau vague nun auch die Amoralität angefärbt und serviert unter dem Titel „Die Wahrheit“ eine Mordprozeßgeschichte von unglaublicher dramaturgischer und moralischer Standort- losigkeit. In der. Hauptrolle leistet sich Brigitte Bardot Unfaßbares als weiblicher Sexualstrolch zwischen Milchflasche und Luderbett. Die Kritik feiert ihr Spiel mit rufgestülpten Lippen, kunstvoll verwirrten Zotteln und anderen Körperteilen als schauspielerische Offenbarung.

Unter der massiven Regie Rolf Hansens geriet der Wiener Film nach der Novelle ", F. Meyers, „Gustav Adolfs Page", gleichfalls nicht sehr poetisch. Wer sich an das hübsche Spiel Liselotte Pulvers hält, kommt trotzdem auf seine Rechnung. Ganz und gar unwienerisch, :her reichsunzüchtig, tritt wieder einmal- Ellen Schwiers unästhetisches Dekollete ns Bild.

In der sanften deutschen Zeitsatire .Mein Mann, das Wirtschaftswunder“ tanzt Matika Rökk die In- antilerotik unserer Tage (Conny Froboess) n Grund und Boden. Zum dritten Male lat Geza von Cziffra seinen „Weißen Fraum“ verfilmt und diesmal „I c h auf mir einen bunten Luft- a 11 o n“ benannt. Apart Ina Bauer, lehenswert die Wiener Eisrevue, bester Schauspieler; Toni Sailer!

Fi1mschau (Gutachten der Katho- ischen Filmkommission für Österreich): I (Für Erwachsene und reifere Jugend, :twa ab 16); „Mein Mann, das Wirt- chaftswunder“ — V (Abzuraten): „Affäre liner Nacht“ — VI (Abzulehnen): „Die Vahrheit“.

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