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Verregnete Tradition, unzugängliche Moderne

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Das Sprechtheater bei den Festspielen in Salzburg begann heuer mit Hindernissen: Die Tradition am Domplatz, das alljährliche Spiel vom Sterben des reichen Mannes „Jedermann“, war verregnet, ein „modern play“ aus Amerika, mit Namen „Spiel.um Job“ (Original „J. B.“) ist von Aichibald MacLeish und nur sehr schwer zugänglich.

Die Schwierigkeiten begannen am Vortag der Eröffnung mit dem Teufel: Ernst Ginsberg erkrankte, Albin Skoda nahm es auf sich, innerhalb vierundzwanzig Stunden einzuspringen. Ein Wagnis, das gelang, aber vom Wetter nicht sehr begünstigt war: Als die Jedermann-Rufe erschallten, fielen die ersten Trtstsfen, “atr-der Glaube auftrat, zwarrg'em Rtgew-schauer'.'die Tradition zu einer unfreiwilligen Pause. Nach halbstündiger Unterbrechung gab es ein feuchtes, rasches Ende vor einem stark gelichteten Auditorium jener, die ausgeharrt hatten Sie wurden reich belohnt: Albin Skoda, des Burgtheaters geübtester Dunkelmann, spielte ohne Rücksicht auf Witterung, und wiewohl er zwei Tage zuvor nicht ahnte, daß er die unstudierte Rolle spielen würde, einen prächtigen, scharfen Teufel; den eindrucksvollsten Teufel seit 1945.

Als zweite Bereicherung gab es eine glänzende Neubesetzung des Dünnen Vetters: Kurt S o w i n e t z gelang es. dieser schwierigen Rolle Farbe und Profil zu verleihen wie vor ihm schon lang keinem. Erich Auer steht nach mehrjähriger Unterbrechung wieder mit jugendlicher Kraft und unbekümmerter Frische für den Guten Gesellen ein. — Alles andere blieb unverändert, wie gehabt: Die wirkungsvolle Repräsentativaufführung von Ernst Lothar, Will Quad-f 1 i e g s kunstvoll gekünstelte Wortarien zu schillernd selbstgefälligem Spiel als Jedermann. Adrienne Gessners würdiges, ergreifendes Hohelied der Mutter und Martha W a 11 n e r s wilde, schöne Buhlschaft.

Des Amerikaners Archibald M a c L e i sh s Hiob-Tragödie im modernen Gewände, das an Gleichnissen und Doppelbödigkeiten überreiche, von Oscar Fritz

Schuh im Landestheater nicht völlig zufriedenstellend inszenierte „Spiel um Job“ (Ueber-setzung: Eva Hesse) gilt als Uraufführung — was für den Anteil des Theaters an der Sache das Bedeutungsvollste ist. Das übrige ist Philosophie und Dichtung, ist ein „im Prinzip“ gläubiges Hadern mit dem Herrn und seinen „Rechten und Pflichten“ gegenüber der leidenden Menschheit. Neben einem intensiven, drastischen und dabei höchst undramatischen Bildbericht über das irdische Jammertal gilt die Frage, ob der Herr recht daran tat, dem Hiob soviel Mißgeschick aufzubürden. Daneben hören wir Hiob fragen, ob et die so zahlreichen Prüfungen Gottes als Strafe für eil) begangenes Unrecht anzusehen habe'- oder ob er -rfHes. ohne zu frägetl; -Über sich ergehet! lassen soll Die „Antworten““ sind' mannigfaltig und nicht für jedermann verständlich, sie sind an manchen Stellen schön, an anderen schnoddrig und so geartet, daß des Fragestellers MacLeishs lautere Absicht und Meinung außer Frage stehen.

Der im Stück exponiert vertretene Teufel vermerkt an einer Stelle: „Wenn Gott Gott ist, ist er nicht gut, wenn er gut ist, ist er nicht Gott.“ Die Gegenüberstellung dieser „Teufelstheorie“ mit einer besseren, mit der des unerschütterlichen Glaubens, und mehr noch, mit der Liebe zu Gott, ist, kurz gesagt, der Inhalt. Dargestellt an Hiobs Schicksal, heraufbeschworen in einem Vorspiel auf einem mystischen Schnürboden, auf dem Charles R e g n i e r und Peter L ü h r in Gestalt zweier nicht sehr honoriger Komödianten ein geheimnisvolles, irreales Spiel vom Herrn und seinem Widersacher zelebrieren. Die dabei erzielte Wirkung verdanken wir in erster Linie der glänzenden Darstellung Charles Regniers. in zweiter einem einfallsreichen Bühnenbild von Caspar N e h e r. Als Hiob asiert und überzeugt nicht ganz Hans Christian Blech, seine Frau Sarah ist bei Antje Weisgerber nicht in den allerbesten Händen. In kleineren Rollen sehr eindrucksvoll Helmut Qualtinger und Heinrich Schweiger.

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