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Versicfierung

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Ein Stückchen nachglühende Zigarettenasche hatte ein kleines, rundes Loch in meine Hose gebrannt. Ich begreife, daß es dich kalt läßt, aber ich erzähle es dir, weil der Unfall mich mit der Versicherungsgesellschaft in Fühlung brachte, der ich schon so lange meine Pfennige zahle, ohne durch das Anzünden meiner Woh- nuiig diese Herren zu irgendeiner Gegenleistung zu reizen. Heute war aber der Augenblick da, die reifen Früchte einer jahrelangen Vorsicht zu pflücken.

Die Hose in einer Zeitung, eilte ich zum Büro der Gesellschaft. Der Pförtner, der einen neugierigen Eindruck machte, ließ mich das Paketchen öffnen und gestand, er habe auch solche Hosen, zwar vor etwas hellerer Farbe. Ich nannte dies im Zusammenhang mit dem sich nähernden Sommer einen Unterschied, der einen Vorteil bedeute, worauf ich mich nebenbei erkundigte, auf welchem Zimmer ich vorstellig zu werden hätte. Er riet mir, auf 63 zu gehen. Dort werde man mir schon aus der Verlegenheit helfen.

Auf diesem Zimmer waren zwei junge Damen beschäftigt, die darauf warteten, bis man sie heiraten würde. Sie fanden mich sofort einen merkwürdigen Kauz, aber als ich gestand, mein Besuch hänge mit einem Beinkleid zusammen, brachen sie in ein schallendes Gelächter aus, das nicht lauter gewesen wäre, hätte ich ohne das genannte Kleidungsstück dieses Zimmer betreten.

„Geben Sie mir den Chef!" befahl ich keck. Solche Angelegenheiten behandle ich immer in erster Instanz.

Die junge Dame, an die ich mich gewandt hatte, begab sich wiehernd in ein Nebenzimmer, während die Zurückgebliebene sich alle Mühe gab, sich zu bezwingen. Ein Mann trat ein, dessen Äußeres die Fähigkeit verriet,. Menschen zum Machen von Ausgaben zu bewegen, die feie später bereuen. Ich faßte den Vorsätze mich keinesfalls von ihm gegen irgendeinen Schaden versichern zu lassen, und entfernte sofort das Papier. Die junge Dame verließ schnell den Raum, der Mann aber hob das Kleidungsstück in die Höhe und führte das Loch an sein Auge. Er begann zu murmeln. Darauf bat er mich, einen Augenblick zu warten, und eilte mit meiner Hose in das Nebenzimmer.

Ich setzte mich in eine Ecke, dicht nebeh dem Schrank, und sah die beiden jungen Damen zurückkehren. Während ich einen emotionslosen Gesichtsausdruck vortäuschte, krochen sie hinter einen Schreibtisch und begannen flüsternd aufzuzählen, was ihnen an mir nicht gefalle. Ich aber verharrte in der Pose eines jungen Mannes, der nichts merkte, Und wußte meine sogenannte Langeweile raffiniert zu betonen, indem ich ein bißchen mit den Fingern an den Schrank trommelte.

Da trat der Mann wieder ein. Er sah mich nicht sofort hinter meinem Schrank und rief, nachdem er sich im Zimmer umgeblickt hatte: „Wo ist der Kerl dieser Hose nun?"

Ich stand auf.

„Aha", sagte er ruhig, „Sie werden höflich gebeten, einzutreten."

Drinnen stand ein kleines, graues Männlein, eine Lupe in der Hand, über meine Hose gebeugt. Es war der „Oberste".

„Wir haben die Sache untersucht“, sagte er. Mit „wir“ meinte er sich selbst und diesen falschen Jungen; „die Sache“ war offenbar das Loch.

„Und?" fragte ich.

„Tja", sprach der Greis, „dagegen sind Sie nicht versichert."

„Fs ist doch Feuerschaden", warf ich ein.

„Vereengungsschaden meinen Sie!" rief der Mann verschmitzt. „Und Versengungs- schaden fällt nicht unter die Versicherung. Wir müssen uns natürlich an den Wortlaut halten "

Er hielt sich an den Wortlaut. Und ich behielt das Loch in meiner Hose. Darum sitze ich gegenwärtig so oft die Beine übereinander

Aus dem Niederländischen übersetzt von A. F. C. Brosens

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