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Auftakt zum Mozart-Jahr

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Wolfgang Amadeus Mozart. Ein Biographie. Von Erich Schenk. Amalthea-Verlag, Wien. 831 Seiten, mit 7 Farbtafeln, 206 Abbildungen auf einfarbigen Tafeln und 78 Textillustrationen. Preis 250 S.

Dieses Buch ist das erste wesentliche in der Fülle der Mozart-Literatur, die uns für 1956 bevorsteht. E. ist fast rein biographisch, und was darin über Mozarts Musik gesagt wird, ist schon dadurch als unwesentlich angedeutet, daß keine Liste der erwähnten Werke beigegeben worden ist. Sonst aber unterscheidet sich das Buch von fast allen musikwissenschaftlichen Publikationen in deutscher Sprache wohltuend dadurch, daß es vollständige Orts- und Namensregister enthält. Auch daß es keine Fußnoten und keine numerierten Anmerkungen am Schlüsse ufweist, nur einen sehr gedrängten „Literatur-Nachweis“ zu den sechs „Büchern“, ist im ganzen erfreulich, in Einzelheiten freilich wieder bedauerlich. Es ist mit Fleiß und Sorgfalt geschrieben, fast ohne Po-

lemik, jedenfalls ohne persönliche, und auch das ist ein Verdienst unter deutschen Gelehrten.

Was dieses Buch für die Mozart-Forschung wertvoll macht, dürfte ihm in der erhofften Popularität schaden. Es zeichnet sich nämlich dadurch aus, daß es die Hunderte von Personen, denen Mozart in seinen beiden Wohnorten, Salzburg und Wien, sowie auf seinen Reisen durch einen großen Teil von Europa begegnet ist oder begegnet sein mag, zu identifizieren und biographisch zu erfassen sucht, meist mit Erfolg. Da aber die dazu nötigen Exkurse die Erzählung von Mozarts eigenem Leben immer wieder unterbrechen, leidet natürlich das Hauptthema des Buches darunter. Jene wünschenswerten Personalien hätten einen nützlichen Beitrag zu einem Mozart-Handbuch ergeben, in der Art des Beethoven-Jahrbuches von Frimmel. ledenfalls aber wird die künftige Mozart-Forschung oft auf Schenks Buch zurückgreifen müssen: nicht ohne Vorsicht freilich, denn das Buch enthält zahlreiche kleine Irrtümer, von denen manche bei sorgfältiger Korrektur hätten getilgt werden können.

Der Verlag hat für dieses Buch leider das Format

seiner anderen, meist populäreren Musikerbiographien gewählt, also ein sogenanntes Romanformat, das für ein so stattliches Nachschlagewerk recht ungeeignet ist. Er hat es auch über die Maßen illustriert, wodurch es unnötig verteuert worden ist, ohne dadurch eine leichte Lektüre zu werden. Besonders muß aber dem Verlage angekreidet werden, was eines wissenschaftlichen Buches ganz unwürdig ist: daß er als Quelle vieler Illustrationen, die aus anderen, meist ungenannten Büchern entlehnt worden sind, sein eigenes „Archiv“ angibt. Das hat zur Folge, daß das Mozart-Museum in Salzburg, dem unter anderen sechs von den sieben Farbtafeln zu danken gewesen wären, überhaupt nicht genannt ist. Meist fehlen

auch bei den Abbildungen die Namen der Künstler, die die Vorlagen geschaffen haben. Die Seite 773 aus Robert Borys Mozart-Bilderbuch entnommene Silhouette stellt nicht, wie angegeben, Anna Gottlieb, die erste Pamina, dar, sondern ihre Mutter; das hätte der Verlag erfahren, wenn er sich die Mühe genommen hätte, diese und andere Löschenkohl-Silhouetten in der Nationalbibliothek oder in den Städtischen Sammlungen zu suchen und die dort üblichen Aufnahmegebühren zu entrichten. Die nach Originalen reproduzierten Autotypien und die Farbtafeln sind übrigens gut gelungen.

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