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Der schönste Beruf
Man tue, so wie ich es in den Weihnachtstagen getan habe. Lesen in alten und neuen Büchern, Hefteln, Lexika und dergleichen. Da finde ich: „Wer mit Ausdauer immer von seiner eigenen Bedeutung spricht, findet schließlich immer einige Dummköpfe, die daran glauben." Und: „Ich wünschte, daß Begisseure begreifen, daß man, um ein gutes Theater zu haben, nicht das Hauptaugenmerk auf Dekorationen, Kostüme,
Lichteffekte und Schnürbodenkünste richten soll, sondern auf die schauspielerischen Leistungen, auf die Bede und auf das Spiel der Künstler."
So schrieb nicht der Autor dieser Kolumne, das verkündete der Schauspieler Dr. Budolf Tyrolt in seinem Buch „Allerlei von Theater und Kunst" 1909! 1909, stellen Sie sich vor, und ich habe geglaubt, daß ich ein im Jahr 1997 gedrucktes Werk in Händen halte. So wenig hat sich geändert in den letzten 90 Jahren, und die Pinseläffchen, die sich heute hochbezahlt in Direktionssesseln räkeln, sind auch keine Neuentdeckung, sondern nur eine armselige Neuauflage. Aber ich weiß, man hat in den letzten Jahrhunderten so alle 50 Jahre versucht, das Theater neu zu erfinden. Und Gott sei Dank ist immer wieder dasselbe, das alte herausgekommen: das Publikum will nicht verblüfft, provoziert oder gar angeekelt werden, es will erbaut und gerührt sein und lachen können.
Mein Gott, jetzt merke ich erst, mein erster furche-Artikel im neuen Jahr befaßt sich trotz so vieler brandheißer Themen schon wieder mit dem Theater. Verzeihen Sie mir, aber ich bin halt, trotz vorgerückter Jahre, ein Schauspieler, der seinen Beruf als Berufung, Freude und Erfüllung interpretiert. Als man mich vor kurzem fragte, was ich mir zum (schon vorbei) Geburtstag wünsche, habe ich gesagt, noch ein paar gesunde Jahre, damit ich weiter Theater spielen kann. Oben stehen, hinunter schauen und hören, wie die Leute reagieren, das ist ein Beiz, eine Lust und ein Erlebnis, wie man es wohl sonst in keinem Beruf haben kann. Ob als Frosch in der Fledermaus, in der vergötterten Wiener Staatsoper, ob als Sowieso in den Kammerspielen, als Striese in der Josefstadt - wenn im Zuschauerraum die Lichter erlöschen, leuchten sie im Herzen des Schauspielers auf. Ich habe -durch die furche — Kontakt mit Elisabeth Orth in Berlin und ich weiß, daß sie genauso denkt wie ich. Stimmt's, Liesl? Die meisten von uns tun das. Das Publikum soll das wissen, soll das verstehen, denn nur dann sind wir ein Ganzes.
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