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Zwei Aspekte des Don Juan

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In den Linzer Kammerspielen wurde anläßlich der 1969 bevorstehenden 40. Wiederkehr von Hugo von Hofmannsthals Todestages dessen Komödie „Cristinas Heimreise” aufgeführt. Sie zählt zu den echt dichterischen Komödien von bleibendem Wert. Der Titel nimmt weniger Bezug auf die Heimreise Cristinas von Venedig, wo sie sich statt der „groben Klötz” ihres Dorfes einen weltmännischen Bräutigam suchen wollte, als auf die innere Heimkehr von einer leichtsinnigen Oberflächlichkeit zu ihrer inneren Wesensart und zur Verbindung mit dem äußerlich schwerfälligen, doch soliden Kapitän Tomaso, nachdem ihr die Wertlosigkeit eines auf flüchtigem Genuß an der Seite des liebeswürdigen Don Juans Florindo aufgebauten Lebens bewußt geworden ist. Die Thematik wird aufgelockert durch die Einführung des Dienerpaares Pasca und Pedro und dessen von groteskem Humor gefärbten Gespräche über die große Welt und die Umständlichkeit europäischer Sitten.

Zur musikalischen Untermalung steuerte Adolf Scherbaum eine ansprechende Musik bei. Für eine werkgerechte Inszenierung sorgte Werner Malzacher. Sie wurde den dichterischen Ansprüchen und dem Humor der Komödie gerecht. Als Bühnenbildner bewährte sich der neuengagierte Hans Ohland. Gabriele Badura wußte in der Titelrolle Liebreiz und Energie glaubhaft zu verbinden. Paul Gorden baut den Kapitän Tomasa mit Bedacht auf, so daß es glaubhaft wird, daß der äußerlich klobige Mann das Herz Cristinas erringen kann. Im Gegen satz dazu stellt Klaus von Pervulesco einen fahrigen, innerlich hohlen Florindo auf die Bühne. Wesentlich sind noch die beiden komischen Gestalten, die das in seiner Grundtendenz ernste Stück erst richtig zur Komödie machen, die treue Dienerin Pasca und der in seiner Art ebenso getreue Pedro. Sie werden im Sinne des Dichters ohne Übertreibung dargestellt.

Für die Aufführung von Ödön von Horvaths Volksstück „Don Juan kommt aus dem Krieg zurück” war die 30. Wiederkehr des Todestages der äußere Anlaß. In den Jahren zwischen 1926 und 1936 schrieb er in Hast 17 Stücke, als ob er geahnt hätte, daß ihm nur ein so kurzes Leben beschießen sei. Er wollte in seinen Volksstücken die Ursachen der Verwirrung in der Nachkriegs- und Inflationszeit unter Anwendung moderner Mitteln, besonders der Ironie und Verfremdung aufzeigen. Nicht fundierte Satiren und vor allem Zynismus lehnte er ab. Seine Personen nimmt er aus dem Alltag. Der dramatische Konflikt ergibt sich aus dem Kampf des sozialen Bewußtseins gegen das Triebleben. Seine Volksstücke sind daher im Grunde tragisch. Sein Don Juan ist der große Verführer, der aber nie richtig lieb und geliebt wird. Die Frauen verfallen ihm oder seinem Geld. Die Zeitstimmung des Umbruchs, der Inflationswirren, das Aufkommen und ebenso rasche Verschwinden abwegiger Existenzen wird grell beleuchtet.

Es sind durchwegs Kurzszenen eines Mannes mit 35 Frauen, jung oder alt. Eingebaut sind sie — in der ausgezeichneten Regie von Hasso Degner — in ein Karussel, das kurz halt macht, um die Episoden abrollen zu lassen. Das Stück hat nur einen Akteur, der aber auch mehr der Getriebene als der planend Handelnde ist, der mit gutem, aber schwachem Willen aus dem Felde zurück kommt, sich jedoch bald von der schlammigen Flut treiben läßt, bis er darin umkommt. Kurt Schoßmann wird allen Anforderungen der Rolle gerecht, in der zerlumpten Kluft des Heimkehrers wie im Gesellschaftsanzug des Hochstaplers. Die 35 weiblichen Typen werden von zwölf Darstellerinnen gestaltet.

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