6650365-1958_49_15.jpg
Digital In Arbeit

„Fausts yzmmmg mi Jfeikoczy-Masch

Werbung
Werbung
Werbung

Hector Berlioz (1803 bis 1869) war sein Leben lang von brennendem Ehrgeiz erfüllt. Er wollte den Erfolg um jeden Preis, und nach seinem ersten Kompositionskonzert im Jahre 188 notierte er befriedigt, er habe beim Publikum einen „Ueber-raschungserfolg“ erzielt. Der Kritiker Fetis schrieb damals in der „Revue musicale“, Herr Berlioz habe Genie, aber sein Stil neige zur Bizarrerie: ein Urteil, das auch heute noch gültig ist. An der selten aufgeführten dramatischen Legende „F a u s t s Verdammung“, die auf einige frühe Faust-Szenen zurückgeht und die Berlioz während einer Tournee durch Mitteleuropa in den Jahren 1845/46 komponierte, treten die charakteristischen Züge des Talents und der Schwäche von Berlioz mit aller Deutlichkeit zutage. Diese Musik ist theatralisch, phantastisch, überschwenglich bis zum Halluzinatorischen, stellenweise großartig — und nicht weniger oft banal. Daß Berlioz zum Beispiel den 1. Teil nach Ungarn verlegt, begründet er selbst damit, daß ihm auf diese Weise die Möglichkeit gegeben worden sei, den effektvoll instrumentierten Rakoczy-Marsch anzubringen. Der Tanz der Irrlichter und der Sylphen sind Glanzstücke der Orchestrierungskunst und stehen in Frankreich auch heute oft auf den Konzertprogrammen. Fast ebenso unbegründet wie der Rakoczy-Marsch, stehen in dieser Partitur Soldaten- und Studentenchöre, Jagdhörnerfanfaren und Gesänge der Landleute. Die faszinierendste Szene ist vielleicht die 18., wo Fausts Höllenfahrt auf den Teuf eisrossen geschildert wird: über einem ostinaten „galoppierenden“ Streichermotiv schwebt eine lyrische Oboenmelodie, dazu, als Cantus firmus, ein Ave-Maria-Chor. Berlioz dachte durch und für das Orchester, und zwar für dessen einzelne Instrumente. Seine Partituren sind von kaum übertrefflicher Klarheit und Durchsichtigkeit — und daher heikel für den Interpreten. Der englische Dirigent Alfred Wallenstein, der zwar gar nichts Faustisches oder Dämonisches hat, erwies sich in der mehr als zweistündigen Aufführung im ausverkauften Großen Konzerthaussaal als ein ausgezeichneter Kenner des Werkes, der den großen Chor der Singakademie und die Solisten Anton Dermota, Gerard Souzay, Alfred Poell und Teresa Stich-Randall sicher durch alle Klippen der wenig bekannten Partitur steuerte.

Zur immer kleiner werdenden Garde der großen Virtuosen der älteren Generation zählt Alexander Brailowsky. Wenn er Bach, Scarlatti, Pto-kofieff (eine Jugendsonate), Schumann („Carnaval“) und Chopin spielt, so wird aller Musik ein Etwas von Virtuosität, Bravour und Pathos hinzugefügt — ohne daß! jedoch Stil und Eigenart der einzelnen Werke verfälscht oder verfremdet würden. Das Publikum war von der großen Geste sehr beeindruckt und applaudierte lebhaft und anhaltend.

Einen besonders wertvollen Sonatenabend danken wir zwei jüngeren Künstlern: Friedrich Cerha (Violine) und Marianne B o n n e t (Klavier), die im Rahmen eines IGNM-Konzertes im großen Vortragssaal der Musikakademie Sonaten von Reger, De-bussy und Janäcek spielten. Wie Reger in seinem symphonisch-breit angelegten und hochgelehrten Werk, dem abeT auch hintergründige und grüblerische Züge nicht fehlen, auf Hindemith voraus-weist, wie das Originalgenie Janäcek ohne den Impressionismus nicht denkbar ist und wie schließlich D e b u s s y eine neue Klang- und Harmoniewelt erschafft — dies bei einem hochmusikalischen und technisch einwandfreien Vortrag nachzuerleben, bedeutete mehr Gewinn als manches große Konzert in großem Saal unter einem „berühmten“ Dirigenten.

Von dem Chorkonzert, das Schülerinnen des 1. Bundesrealgymnasiums Linz und der Musikschule der Stadt Linz unter ihrer tüchtigen Leiterin Eva

Schmutz im Mozart-Saal gaben, konnte der Referent wegen des gleichzeitig stattfindenden Brailowsky-Abends nur zwei ältere Stücke und drei Chöre von Karl S c h i s k e hören. Die Sicherheit, mit der die teilweise noch sehr jugendlichen Sänger die Schwierigkeiten des virtuosen „Gewitters“ meisterten, die Bravour und Freude, mit der da musiziert wurde, machten den allerbesten Eindruck und bezeugen eine konsequente, wohlfundierte Chor- und Musikerziehung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung