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Henze bei den Philharmonikern

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Unter seinen Altersgenossen ist der 1926 in Gütersloh, Westfalen, als Sohn eines Lehrers geborene Hans Werner H e n z e wohl der Talentierteste und Interessanteste. Er hat bereits enorm viel geschrieben, ein ganzes „Lebenswerk“ liegt von dem Sechs-unddreißigjährigen vor mit einem Dutzend Opern und Balletten, Orchester- und Kammermusikwerken. Von all dem war in Wien bisher kaum etwas zu hören, keines seiner szenischen Werke zu sehen. Um so erfreulicher, daß Dr. Karl Böhm, der das 8. Abonnementkonzert der Philharmoniker leitete, Henzes „Nachtstücke und Arien“ nach Gedichten von Ingeborg Bachmann für Sopran und großes Orchester aufs Programm setzte. Das fünfteilige 20-Minuten-Werk wurde 1957 in Donaueschingen uraufgeführt und ist seither oft gespielt worden. Karl Böhm hat es beim Eröffnungskonzert der vorletzte« Berliner Festwochen mit Gloria Davy als Solistin dirigiert und einen großen Erfolg damit gehabt. Man versteht bei den ersten Klängen — der wie aus einem Traum herübertönenden Horn-kantilene, den anderen ausdrucksvoll und weich hervortretenden Soloinstrumenten, den fast tropisch wuchernden Farben und dem expressiven Duktus der Singstimme — daß diese Musik dem sensiblen Musiker Böhm besonders „liegen“ muß. Ist doch Henze einer det (wenigen;; vielleicht der einzige legitime Näehfolger Alban Bergs ,4e^ji>iW)i!|sj2Äisk“flP,?r.tjlHtI in Dr. Karl Böhm ihren Meisterinterpreten gefunder hat und dessen „Lulu“ während der Wiener Festwochen im Juni dieses lahres unter 6einer Leitung im Theater an der Wien erstaufgeführt werden wird.

Henzes „Nachtstücke und Arien“ präsentieren sich als eine lyrische Suite von drei Instrumentalsätzen und zwei Gesängen. — Solistin war die junge Amerikanerin Evelyn Lear, die 6ich während der letzten Jahre als Interpretin neuer Musik einen Namen gemacht hat, nicht zuletzt in Alban Bergs „Lulu“, deren Titelpartie sie auch in der erwähnten Wiener Aufführung singen wird. Der Sopran dieser intelligenten jungen Sängerin ist vor allem in der Höhe strahlend; in tieferen Lagen wird er zuweilen vom Orchester überflutet. Das liegt allerdings auch an Henzes ein wenig diffuser Schreibweise. Das Orchester der Philharmoniker, mit so hochkomplizierter Musik nicht oft konfrontiert, spielte mit bemerkenswerter Sicherheit und gab der Hen-zeschen Partitur einen Klangzauber, wie ihn der Komponist erträumt haben mag. Das Publikum reagierte auf das Werk mit Zurückhaltung, bedachte aber die Solisten mit freundlichem Applaus. (Das Konzert wurde mit Johann Christian Bachs Symphonie in g-Moll eingeleitet und mit der Vierten von Brahms abgeschlossen.)

Auf dem Programm des 8. und letzten Konzerts im Zyk'us „Die Große Symphonie“ standen die Violinkonzerte in a-Moll und E-Dur von J S. Bach und Bruckners VIII. Symphonie. Das von Josef Krips geleitete Konzert, in dem Wolfgang Schneiderhan nach längerer Pause wieder einmal in Wien zu hören war, WiWPäm 20. Mai um 11.15 Uhr im II. Pro'' gramm des Österreichischen Rundfunks wiederholt und sei allen Musikfreunden bestens empfohlen.

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