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Kein Opernfest

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Die diesjährigen Festspiele glichen vielfach der Innenarchitektur des Theater-royers: überladen und, dem Aufwand entsprechend, zu wenig originell.

Das Hessische Staatstheater machte den Auftakt mit einer Neuinsznie-rung der Richard-Strauß-Oper „A r i a d n e auf Naxos“ durch seinen Intendanten Friedrich Schramm. Heinz Wallbergs musikaiische Leitung und die Verpflichtung von Christa Ludwig, Hilde Zadek und Gianna d'Angelo garantierten das hohe Niveau der Aufführung.

Von der aus den Vorjahren vertrauten Opernbesessenheit der Belgrader Staatsoper war diesmal nicht die geringste Spur vorhanden. Die mit großer Spannung erwartete erste Aufführung in Deutschland von Mussorgskys „Boris G o d u n o w“, in der Neuinstrumentierung von Schostakowitsch, entzieht sich der genauen Beurteilung, da die musikalische und szenische Realisierung allzu viele spürbare Mängel hatte. Mit Smetanas „Verkaufter Braut“ war schließlich Provinzniveau erreicht. — Dagegen wurde der vom Publikum mit großer Begeisterung aufgenommene Ballettabend mit Adams „G i s e 11 e“ zu einem Triumph klassischer Ballettkunst. Duska Sifnios und Zarko Prebil tanzten die Hauptrollen.

Den Ausklang machte, wie in den vergangenen Jahren, das Teatro Massirno aus Palermo. Donizettis „D o n P a s q u a 1 e“ mutete man dem Festspielpublikum in einer Aufführung zu, die in Italien als Sonntagnachmittagsvorstellung zu Recht ausgepfiffen worden wäre. Nicht so in Wiesbaden.

Schließlich doch noch ein krönender Abschluß mit Verdis „Othello“, dank der warmblütig realistischen Regie Herbert Grafs und der monumentalen Bühnenbilder V. Calasentis und J. Moores. Das Publikum applaudierte mit südländischer Begeisterung die glutvolle musikalische Interpretation O. de Fabritis und die erschütternde und stimmgewaltige Darstellungskunst James McCrackens und Titto Gobbis.

Linter der Hochflut von Festspielen haben die Wiesbadener Wochen ihre Absicht, typische Spitzenleistungen des

Theaters anderer Völker zu vermitteln, vorerst verloren.

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