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Lehrer und Schüler
Gewöhnlich ist es im Konzertbetrieb so, daß sich ältere, routinierte Künstler für das Schaffen der zeitgenössischen Komponisten einsetzen. Bei einem Vortragsabend der Akademie für Musik und darstellende Kunst war es einmal umgekehrt: Schüler, zum Teil noch Neulinge auf dem Konzertpodium, spielten Werke ihrer Lehrer. In zweifacher Hinsicht war diese Veranstaltung interessant und aufschlußreich. Sie gestattete einen Einblick in das Schaffen der Akademieprofessoren und gab eine Übersicht über die instrumentalen und vokalen Fertigkeiten der Akademieschüler.
In den vorgetragenen Kompositionen halten sich — wenn man nach diesem Konzert urteilen darf — traditionelle und fortschrittliche Kräfte ungefähr das Gleichgewicht. Daß die ersteren bei den Vertretern der älteren und mittleren Generation wirksamer sind, ist ebenso selbstverständlich und natürlich, wie das die Avantgarde von den jüngeren Lehrkräften gebildet wird. Karl Walters Fantasie und Fuge über „Veni Creator” für Orgel wollte in der gewissenhaften Interpretation von Irene Koch noch nicht recht in Fluß kommen. Gustav Donaths solid-pianistische Rhapsodie a-moll, stilistisch etwa zwischen Brahms und Rachmaninow zu lokalisieren, fand in Margit Binder eine sichere Interpretin. Die Klavierlieder von Richard Winter nach Texten von Tieck, Eichendorff und anderen sind fein? spätromantische Kleinkunstwerke, deren im- pressionistisdie Sprache wir nicht als Maskerade und Aufputz, sondern als organischen Ausdruck zarter und differenzierter- Stimmungen empfinden.Traditionelle Stilelemente, hauptsächlich vorklassische, und moderne Setzweise gehen in Joseph Lechthalers Trio für Violine, Gambe und Cembalo eine eigentümliche Synthese ein. Die Wiener Klassik scheint in diesem Werk übersprungen. So entsteht ein gehaltvolles Kammermusikwerk von herbem Reiz (Schade, daß die Gambe durch ein Cello ersetzt werden mußte und daß die jungen Spieler den Anforderungen des Werks nicht ganz entsprachen).
Die drei jüngeren Lehrkräfte der Akademie Uhl, Dichler und Heiller schlagen einen eleganten Bogen zur europäischen Moderne, ohne ihre Eigenständigkeit aufzugeben. In Alfred Uhls Divertimento für vier Klarinetten ist neben dem Einfallsreichrum vor allem die vielseitige, außerordentlich geschickte Ausnützung der technischen und Klang-Möglichkeiten des Klarinettenquartetts hervorzuheben. Während Uhl in dieser Komposition mehr der Hindemithschen Richtung zuneigt, ist in dem Bläseroktett von Josef Dichler der Einfluß Strawinskys stellcnr weise spürbar. Das blendend geschriebene Werk, welches einer programmatischen Unterlage ohne weiteres entraten könnte („Aus Gullivers Tagebuch”) wurde von Leopold Wlach sachkundig-meisterlich geleitet und von acht jungen Bläsern ganz ausgezeichnet gespielt. Heillers Tocęata für zwei Klaviere ist inzwischen so bekanntgeworden, daß sie an dieser Stelle keiner besonderen Würdigung bedarf.
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