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Russische Sonnwend

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Der Intendant des Linzer Landestheaters, Karl Heinz Krahl, hat seinem Opernpublikum eine Weihnachtspremiere besonderer Art beschert. Es handelt sich um die erste österreichische Aufführung der phantastischen Oper „Sonnwendnacht“ von R i m s k y-Korssakow, deren Stoff Gogols Erzählung „Die Nacht vor dem Weihnachtsfest“ bildet. Krahl darf wohl als Entdecker dieses Werkes, zumindest für die deutschsprachige Bühne, gelten. Er hat es schon in der Spielzeit 1947/48 in Wuppertal inszeniert, und dann nochmals 1959/60 in Zürich, von wo er sich jetzt auch den Bühnenbildner Max R ö t h 1 i s-b e r g e r samt Dekorationen und Kostümen geholt hat. Wie die russische Opemdramaturgie es will, ist auch für die „Sonnwendnacht“ die mehr episch-lyrische als dramatische Anlage charakteristisch. So entsteht ein aus russischem Brauchtum zur Heiligen Nacht, aus Teufels- und Hexenspuk, derbem Humor und nebstbei einer kleinen Liebesgeschichte wahrhaft phantastisch gemischter, bunter Märchenbilderbogen. Eine entsprechende Mischung ist auch die selbstverständlich virtuos gearbeitete Partitur Rimsky-Korssakows, der reichlich russisches Volksmusikgut verwendet und im übrigen besonders als schildernder Programmusiker glänzt.

Karl Heinz K r a h 1 s Inszenierung wird dem angedeuteten Charakter des Werkes ausgezeichnet gerecht. Er spielt mit Phantasie mit den ihm zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten, besonders jenen der Beleuchtung, vergißt darüber aber keineswegs die Führung der Darsteller und vor allem des Chors. Wesentliche Unterstützung findet er bei Andrei J e r s c h i k, der in dem prachtvollen Bild im Palast der Zarin das verstärkte Ballett wirkungsvoll choreographiert hat. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Giuseppe P a t a n e, der sich auch an dieser Partitur als ausgezeichneter, temperamentvoller und zugleich exakter Musiker erweist. Die Solisten finden sich trotz unterschiedlicher Qualitäten zu einem Ensemble von bemerkenswerter Geschlossenheit zusammen. Die schöne Oxana, die dem sie begehrenden Schmied Wakula die Sache schwer macht, wird von Maria Antonia Harvey ebenso hübsch gesungen wie dargestellt. Ihr Partner, Erich Kienbacher, ist ein junger Tenor mit Zukunft. Ausgezeichnete Charakterfiguren stellen Hans Lättgen als Amtmann und Ludwig Zinnöcker als Oxanas reicher Vater auf die Bühne, nicht minder Ger-trude Burgsthaler als hexende Mutter des Schmieds und Sergio Barlottini als rot-befrackter Teufel. Das tenorale Buffo element vertritt Kurt Meinhardt als Küster. Ferner sind zu nennen Richard Itzinger und Kurt Ruzicka. Das Orchester spielt Rimsky-Korssakows bildhafte Musik mit spürbarer Freude, und auch der Chor läßt nichts zu wünschen übrig. So ergibt sich eine in allen Belangen wirklich festliche Aufführung.

Man sollte meinen, daß die „Sonnwendnacht“, die, abgesehen von den erwähnten Inszenierungen Krahls, außerhalb Rußlands noch nirgends aufgeführt worden ist, sich die westlichen Bühnen erobern könnte. Die Linzer Opernfreunde, die der Premiere beiwohnten, waren jedenfalls entzückt. Und wir mit ihnen.

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