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Spiel im Schloß

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München, Ende Juli 1952

Ein Labsal, auf dem Wege von Salzburg, das im Festspielfieber liegt, nach Bayreuth ein idyllisches München, die bayerische Hauptstadt der Sommerresidenz, zu entdecken: ein Städtchen im Staate, ein Völkchen im Volke, das nichts wissen will von Starkult, nervöser Generalprobenstimmung und mondäner Kulisse. Das „Städtchen“ ist die „Residenz“, das „Völkchen“ die „Freunde der Residenz“. Auf dem Papier ein Verein wie viele andere auch; in Wirklichkeikviel mehr: ein Bund von Menschen, die es mit der Einheit der Kunst ernst meinen, die in die Barockschönheit des Steinernen Saales Frank Martins „Der Cornet“, die musikalische Nachdichtung Rilkeschen Berichtes, hineinstellen, ein Schubertsches Klaviertrio, eine Mozart-Symphonie, eine Solosonate von J. S. Bach. Die nicht die „große“ Welf brauchen, um diesen Saal zu füllen, und nicht den Vater Staat, das Defizit zu zahlen. Sie bescheiden sich mit zwei Aufführungen in jeder Juliwoche. Es geht ihnen nicht um das Perpetuum mobile von Wiederholungen, an denen sich iie Kraft der Interpreten verbraucht, sondern um — man wagt es kauni auszusprechen, weil das Wort so abgebraucht ist — das einmalige, unwiederholbare Werk- erlebnis. Siebenmal feiert nun schon Nymphenburg Sommerspiele. Mit ersten Orchestern, führenden Dirigenten, hervorragenden Solisten und einer geradezu verblüffend geschickten Werkwahl, Dominierten diesmal im Eröffnungskonzert die Vorklassik und Mozart, 60 war neben Strawinsky und Martin der dritte erfolgreiche Zeitgenosse im schöpferischen Bereich der Österreicher Jenö von Takacs, dessen Gitarrekonzent ln Form einer Partita sich hören lassen konnte. Ein Kunstgenuß erlesener Art war der Abend „Solosonaten von J. S. Bach“ mit Werken für Flöte, Violine und Cello. Die weiteren kammermusikalischen Aufführungen waren der Klassik und Romantik gewidmet.

Daß unter den Interpreten erfreulich viele Österreicher erfolgreich waren, kann uns mit mehr Stolz erfüllen, als er bei Fest1 spielen größten Ausmaßes am Platze ist. Die Sopranistin Rosi Schwaiger, die Pianistin Ilse von Alpenheim, das Wiener Oktett und Friedrich Wührer befanden sich unter ihnen. Ohne in den Einzelheiten nicht genau zutreffende Parallelen ziehen zu wollen, bleibt doch die Frage offen, warum die prachtvollen Säle unserer Wiener Sommerresidenz, des Schlosses Schömbrunn, nicht zu ähnlichen Zwecken genützt werden?

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