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Virtuosetiglanz
Walter Klien, der 42jährige Grazer, der heute zu den profiliertesten österreichischen Pianisten zählt, spielte im 5. Abonnementkonzert im Symphoniker-Zyklus Beethovens 3. Klavierkonzert (op. 37): eine sehr poetische, festliche Wiedergabe, in der Klien die in Bauprinzip und Atmosphäre noch an Mozarts letzte Werke gemahnende Konstruktion ungemein locker und durchsichtig gestaltete, mit Eleganz und Bravour füllte. Mit samtig weichem, flexiblem Anschlag konturiert er Themen und thematische Verarbeitungen, spielt dem Orchester Motivmaterial ungemein duftig zu, nimmt es in virtuosem Dialog wieder auf, setzt überall behutsam Glanzlichter. — Wolfgang Sawallisch führte die Symphoniker mit knapper Zeichengebung, sorgte dafür, daß Klien im Orchester einen gleichwertigen Gesprächspartner hatte. Haydns dreisätzige „Trauer“-Symphonie (e-Moll, HV 1/44) wurde im ganzen in nobler Zurückhaltung musiziert, um lediglich in der fulmi-
nanten Coda voll aufzutrumpfen. Mussorgkys „Bilder einer Ausstellung“ (Fassung von Ravel) wurden von Sawallisch mit scharfer Kontrastmalerei ausgekostet: mit Donnern im Schlagwerk, mit bald in nervösem Misterioso raunenden, bald leidenschaftlich blitzenden Streichern und exaltiert auffahrendem Blech.
Das Borodin-Quartett aus Moskau, eine der prominentesten russischen Quartettformationen, spielte im Mozart-Saal Werke von Schostako-witsch (A-Dur, op. 68), Mozart (d-Moll, KV 421) und Brahms (a-Moll, op. 51/2): ein schön ausgewogenes, spannungsreiches Programm, das von den vier Herren sehr exakt, ho-
mogen, in Agogik und Dynamik wohl austariert vorgetragen wurde. Trotz der weitausholenden erzählerischen Breite des melancholisch gefärbten Schostakowitsch-Stückes mit seinen ständigen melodisch-thematischen Verwandlungen und Verklausulierungen atmete die Wiedergabe erstaunlich viel dramatische Spannung. Mozarts 1783 komponiertes d-Moll-Quartett, hier eher herb und in dunklen Nuancen vorgetragen, ließ ein wenig jene wienerische Leichtigkeit, die brillante Anmut späthöflscher Musizierkultur vermissen. Brahms Opus 51/2 geriet vollsaftig im dichten Stimmengefüge, randvoll von trotziger Energie. *
Der amerikanische Pianisit Leonhard Hokanson, gab für die „Jeunesses“ im Mozart-Saal einen Klavierabend. Höhepunkt: seine Interpretation von Schumanns „Sinfonischen Etüden“ (op. 13), die, elastisch konturiert und in den Details mit koloristischen Valeuirs vollgepfropft, in üppigem klanglichem Luxus vorbeinauschten. Mozarts Es-Dur-Sonate (K. V. 282) wurde in tänzerischer Anmut ausgespielt. Debuesys „Suite berga-masque“ atmete Märchenpoesie. Bachs zweite Partita geriet spät-romantisch exaltiert, ließ keinen Zweifel darüber, daß Hokanson zur Zeit zu diesem Meister keine besonders guten Beziehungen hat.
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