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„Die Kluge“ von Orff

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Orff hatte mit seinen Werken bisher wenig Glück in Osterreich. 1944 wurde seine einaktige, auf Grimmschen Märchenmotiven aufgebaute Oper „Die Kluge aus politischen Gründen in Graz ausgepfiffen. 1949 brachten die Salzburger Festspiele seine großartige Erneuerung antiken Theaters, die „Antigonae“ nach Hölderlins Sophokles-Nachdichtung zur Uraufführung. Die gesamte Kulturwelt war beeindruckt von dieser kühnen Tat, österreichische Blätter aber, mit wenigen Ausnahmen, schmähten Orff und die Festspielleitung verfügte eine rücksichtslose Kürzung des Werkes aus verkehrstechnischen Gründen, so daß der Komponist Salzburg in begreiflicher Empörung verließ. Innsbruck führte vor einigen Monaten seine überall mit Begeisterung aufgenommenen „Carmina Burana“ auf, aber leider in einer deutschen Übersetzung des urkräftigen und unerläßlichen mittelalterlichen Latein, ein Widersinn, der Orff erneut verärgerte. Nun hat vor einigen Tagen Salzburg den voll geglückten Versuch Unternommen und in kühn improvisierender, doch intentionstreuer Wiedergabe im Musikkreis des Mozarteums „Die Kluge“ als Schlußdarbietung dieser wöchentlichen Veranstaltungen dargeboten. Scharfe rhythmische Impulse, zarte und belebende melodische Elemente, ein vom Komponisten griffig geformtes Buch auf der Basis des unverfälscht Volkstümlichen, wie es ja das Märchen in reinster Form ist, zeichnen diese erreichte Stufe im gegenwärtigen Opernschaffen aus, das sich vom weitausholenden Pathos des spätromantischen Stils bewußt abwendet. Mitreißend frisch und urwüchsig, wie eine Volksballade, ein Märchen sein soll, war auch die Wiedergabe im Mozarteum untei der belebenden musikalischen Leitung von Robert Wagner. Die jungen Künstler gingen begeistert mit. Vor allen anderen gebührt Gerda Herbert Dank, die die Gesänge der Klugen mit hoher Intelligenz, tadelloser Phrasierung uhd einem hellen, sich klar entfaltenden Sopran sang.

In den letzten Wochen vermittelte ein internationales Theaterseminar, das im Schloß Leopoldskron stationiert war, viel dankenswerte Überraschung und zeigte nach einer schwachen Saison des Landestheaters (Gastspiele ausgenommen!) interessante Beispiele neuen deutsdien, italienischen, französischen, englischen, irischen unri amerikanischen Theaters. Die einzelnen Studentengruppen standen zum Teil unter so hochwertigen Führern wie Eric Bentley, dem bekannten englischen Theaterkritiker, oder

Shela Richards, Irlands heute größter Cha-rakterdarstellerin. Zum Interessantesten dieser Darbietungen gehörten die eigenartigen Pantomimen des französischen Schauspieltänzers Marcel Marceau, eines Schülers von Barrault. Hans Curjel bot S t r a-winskys „Geschichte vom Soldaten' auf Reinhards fast vergessener Freilichtbühne im Park von Leopoldskron: visionär und gespenstisch. Neben Marceau (Teufel) und einigen viel versprechenden deutschen Seminaristen vom Hebbeltheater in Berlin war die bestrickende Tanzkunst dei Hertha Bade, Primaballerina am Landestheater, ein Gewinn des Abends. Auch das gerade erfolgreich sein erstes Schuljahr beschließende Schauspielerseminar des Mozarteums soll nicht vergessen werden, das mit einer etwas zu erdschweren Vorstellung von Goldonis „Schalkhafter Witwe“ einen vorläufigen Schlußpunkt setzte (Regie Doktor Niederführ). Dank für die besten Aufführungen desSeminars (Bordiert „Draußen vor der Tür“, Pirandello „Die lebende Maske“ und Schiller „Der Parasit“), schon allein tür die Wahl der Stücke, gebührt unbeschränkt dem Leiter Rudolf E. Leisner.

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