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Man kann darüber sprechen

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Alexander Brefforts „Stück“ „Irma la douce“ ist gar keine so harmlos-heitere Geschichte. Man muß vielleicht Franzose sein, um alle jene Zwischentöne wahrzunehmen, die in dieser Komödie enthalten sind. Man wird auf so manches Element stoßen: auf die merkwürdig schwebende Kunst, mit Entsetzen Spott zu treiben, wie sie Voltaire im „Candide“ beherrschte, auf den Grand Guignol, auf etwas Maupassant, auf etwas Pagnol, auf Gesellschaftsironie und plötzliche Kleinbürgerseligkeit, auf sehr Verschiedenes jedenfalls. Nur auf eines nicht: auf Obszönes. Und es schiene doch bei diesem Thema wahrhaft „nahezuliegen: die Geschichte von der Straßendirne, die säuberlich zwischen beruflicher und privater „Liebe“ trennt, vom Liebhaber, der auf sich selbst eifersüchtig ist und in selbstquälerischer Absicht (ähnlich dem Jupiter-Amphytrion) zu analysieren versucht, welche Zärtlichkeit „ihm oder ihm“ gegolten haben könnte.

In diesem etwas gläsernen Spielchen wird mit Liebe und Entsetzen so reizend hantiert, daß man auf das Obszöne verzichten kann, weil eigentlich niemand es vermißt. Vielleicht war Hannes Tailliert, der das Stück im Theater in der Josefstadt inszenierte, etwas zu trok-ken und korrekt. Die Bühnenbilder von Jean-Pierre P o n e 11 e ergänzten das, was seiner Inszenierung an letztem Pariser „Flair“ fehlte Die deutsche Übersetzung Ivo Kohorte? war bis auf einige ganz wenige „Ausrutscher“ kompetent, ebenso die sich in der Sentimentalität selbst “ironisierende Bänkelmusik der Marguerite M o n n o t. Vor allem aber die Darsteller: Sie waren allesamt richtig am Platz und mit ansteckender Laune bei der Sache. Nennen wir den Herrn zuerst: Hans Putz war der Liebhaber und Nebenbuhler „seiner selbst“, in beiden „Rollen“ köstlich dezent und mitreißend temperamentvoll zugleich. Margit S a a d verließ sich als Irma nicht nur auf ihr blendendes Äußeres. Sie zeigte auch, daß sie Wandlungsfähigkeit für fast alle Nuancen dieser Rolle besitzt. Sehr gut und fast ganz französisch der kommentierende Bistrowirt des Curt E i 1 e r s. Unter den Apachen sei neben dem graziösen und intelligenten Peter M a t i i noch Rudolf R ö s n e r erwähnt. Nicht alle Zuschauer waren zufrieden. Uns hat es wirklich gefallen.

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