7114635-1996_10_23.jpg
Digital In Arbeit

Ein Mann geht entschlossen „ihren" Weg

Werbung
Werbung
Werbung

Das istkeine Entschuldigung: Es genügt nicht, in Ungarn geboren und daher die dortige Landes-, statt Deutsch als Muttersprache gehabt zu haben. Es genügt auch nicht, daß man erst nach Ablauf zweier Jahrzehnte in die (österreichische) Freiheit entlassen wurde. Also keine Entschuldigung für den fehlenden Friedensschluß mit der deutschen Grammatik: Ein Mann geht nicht „ihren", sondern „einen" Weg - außer, er ist glücklich verheiratet. Ich bin es und gehe daher - glücklicherweise -„ihren", den Weg meiner Frau.

Ich gehe - wenn ich schon beim Thema und nicht in meinem geliebten Kaffeehaus bin - nicht nur den Weg meiner Frau, sondern auch stets hinter ihr. So bin ich im Sommer ein Staub-, im Winter ein Schnee- und im Herbst, den ich besonders genieße, ein Allesschlucker. Im Frühling schlucke ich, als Heuschnupfenallergiker, nur Medikamente.

So bin ich; ich will nicht anders sein. „Wollen?" Da für mich die „Freiheit" nichts anderes ist als die „Einsicht in die Notwendigkeit", sehe ich - in meinem eigenen Interesse - die „Notwendigkeit" des Gehens „ihres" Weges ein.

Mir unsymphatischen Ehemännern empfehle ich, stets den eigenen Weg zu gehen. „Was bist Du für ein Mann ...?", jage ich diese Typen in ihr eigenes Unglück, „... der nicht ,seinen' Weg geht? Schäm' Dich!" Sie schämen sich und fallen erhobenen Hauptes in die, mit welkem Laub der „Freiheit" getarnte Falle. Das hat man vom „erhobenem Haupt"!

Ich aber bin klug, mich betrügt man zwar genauso oft wie die letzten Macho-Mohikaner, aber ich merke es nicht, da ich stets hinter meiner Frau hermarschiere.

Da fällt mir meine Lieblingsfunktion ein: Ich bin gerne und überall der „zweite". Ohne allzuviel mich unnötig belastende Verantwortung, genieße ich alle Rechte eines ewigen „Stellvertreters".

Ich komme langsam, mit Erlaubnis meiner Frau, zum Schluß meiner Bekenntnis-Betrachtungen: Die Männer-Herrschaft neigt sich endgültig dem Ende zu. Seit Adam sich auf Evas Befehl mit Vitaminen stärkte, die er ohne Paradies-Delogierung gar nicht gebraucht hätte, treten Männer in das zweite Glied zurück und überlassen den Königinnen und Kaiserinnen Macht und Herrschaft. Als Galionsfi-gur der Amazonen wurden sie in die Geschichtsbücher hineingejagt und durften sich auf dem „Feld der Ehre" sinnlos verausgaben.

Jetzt ist es aber endgültig soweit: Männlich-entschlossen gehen wir, glücklich verheiratete Ehemänner, allen Verlockungen stolz widerstrebend, den einzigen für uns gehbaren Weg: den „ihren". So darf ich mich für heute mit einem berühmten Satz Freuds verabschieden: „Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus."

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung