7034358-1989_43_01.jpg
Digital In Arbeit

Auf Teufel komm raus

Werbung
Werbung
Werbung

Von vielen unbemerkt macht sich der Okkultismus in unserer zunehmend glaubenslosen Gesellschaft breit. Eine Umfrage unter deutschen Religionsprofessoren ergab: Immer mehr Schüler interessieren sich für Okkultes, sind auf der Suche nach Botschaften aus dem Jenseits. Wer sich darauf einläßt, neigt dazu, süchtig und davon abhängig zu werden, Ängste und Depressionen zu bekommen.

Alarmierende Meldungen kommen auch aus Großbritannien. Anfang des Jahres wurden in Nottingham bei einem schauerlichen Prozeß von Kindesmißbrauch (26 Kinder - auch unter zehn Jahren -

waren bei satanischen Orgien zu Inzest und Sodomie gezwungen worden) zehn Personen verurteilt. Da sich Berichte über ähnliche Praktiken mehren, will der Abgeordnete Geoffrey Dickens das englische Parlament mit diesem Unwesen befassen.

Ist diese Entwicklung überraschend? Im Grunde genommen nicht. Was hat sich nicht allein in der Rock-Szene alles getan! Dem Teufel ein Tor zu öffnen, ist längst ein erfolgsträchtiger Verkaufshit:

Seit den siebziger Jahren ist die Gruppe Black Sabbath am Werk, Auf der Plattenhülle von „Reflexion - Black Sabbath“ liest man: „ Gleich auf der ersten LP beschwören sie Satan, der dann allerdings tatsächlich kam.... Und du, armer Narr, der du diese LP in Händen hältst, wisse denn, daß du mit ihr deine Seele verkauft hast, denn sie wird schnell in der teuflischen Kraft dieser Musik gefangen sein...-'

Über einen Black Sabbath Auftritt berichtet „Bravo“ (1983): „Die Teufelsanbeter des Rock... ziehen immer noch Tausende von treuen Fans in die Hallen... Dick quillt grünlich-weißer Nebel über die Bühne... und ganz vorn schüttelt Ian Gillan wie vom Teufel besessen seine braunen Zotteln und röhrt .Paranoid' oder ,Iron Man' in die tobende Masse, die wie verhext zur schwarzen Messe tanzt.“ •

Die Gruppe „AC/DC“ hat mit ihrer LP „Highway to Hell“ einen Welterfolg gelandet. Aus dem Text: „Ich bin auf dem direkten Weg zur Hölle..., keine Stopschilder, kein Tempolimit... Niemand wird mich aufhalten. Hey Satan, ich zahle meine Schuld...“ Das haben Millionen junger Leute - meist ohne darauf zu achten - gesungen. Aber die Musik ist mächtig, wie jedermann in der Werbung weiß.

Laut „Time“ hat der Sänger der Hardrockgruppe „Meat Loaf“ offen zugegeben: „Wenn ich auf die Bühne komme, werde ich besessen.“ Mötley Crüe, Mass, Crossfire, Venom, Judas Priest, Ozzy Osbour-ne sind weitere Gruppen, die sich

mit Teuflischem hervortun, oft mit eindeutig lästerlichen Titeln und Symbolen.

„Iron Maiden ist weit davon entfernt, eine Band von Teufelsanbetern zu sein, obwohl bestimmte Erfahrungen, die wir während der Aufnahmen zu unserem neuen Album ,The Number of the Beast' machten, uns gelehrt haben, die Macht des Okkulten zu respektieren. Da passierten eine ganze Menge merkwürdiger Dinge...“: Soweit ein Mitglied jener Band, die Ende Oktober einen Video-Großauftritt in Wien haben werden.

Teuflisches gibt es auch im Video-Shop, etwa in einer Auslage in der Wiener Favoritenstraße: „Salem II“ (Untertitel: „Die Stadt der lebenden Toten“, „Tanz der Teufel“, „Dämonen“ (Untertitel: „Wenn das Tor zur Hölle verschlossen ist, kehrt das Böse zur Erde zurück“)...

Das ist alles schon schlimm genug. Was sich aber das Fernsehen am 8. Oktober in der Jugendsendung „X-Large“ geleistet hat, war schlicht und einfach eine Frechheit: Um 17 Uhr, zu einer Zeit, in der Kinder zusehen, durfte eine Teufelsanbeterin fast 20 Minuten lang für den Satanskult werben.

Gabira war nicht „z'wider“ anzusehen, sprach in einer jedermann verständlichen Sprache. Ihr Glaube an Satan wurde neutral als gleichwertige Alternative zum Glauben an Christus verkauft. Untermalt wurde das Ganze mit „action“: Ein junger Mann schwört in einem Ritual dem christlichen Glauben ab: „Ich glaube an Satan, den Schöpfer des Himmels und der Erde, und an alle seine Dämonen, die auch Getreuen in dieser und der anderen Welt. Du bist die Gnade, die Stärke, die Gerechtigkeit, die Herrlichkeit...“ Laute Rufe: „Ave, Satanas, ave...“ Bei der Handlung wurden teuflische Insignien (sie „ziehren“ auch Rock-Konzerte) verwendet.

Mittels Haßrituals versucht Gabira, auf Anfrage Menschen Leid zu- zufügen. Die Ingredienzien: „Ein Foto, die Haßgefühle der jeweiligen Person (des Auf traggebers) und den Namen von dieser Person. Dann wird eine Puppe... verbrannt und ein paar Formeln dazu...“ Auf die Frage, ob das immer klappe: „Man schreibt dazu, ob die Person sterben soll... Aber ich finde, das ist nicht gut... Ich finde es besser, wenn jemand leidet“, meint Gabira.

Sie schlafe auch mit dem Teufel. Da müsse sie „rein“ sein, sagt sie, vorher mit keinem Mann reden. Man brauche dazu Liebesformeln. „Und dann geht das zwei, drei Stunden... Ich bin ganz und nur auf Satan eingestellt... Es ist eine eigene Beziehung da.“

Und das, wie gesagt, um 17 Uhr am Sonntag, dem Tag des Herrn! Generationen von Christen wußten, man solle nicht mit dem Teufel spielen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung