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Beispielhaftes

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Wer derzeit bis zum 23. April das neue Haus des österreichischen Museums für angewandte Kunst in der Weiskdrchnerstraße betritt, fühlt sich unwillkürlich in den Bauch eines Schiffes versetzt. Mächtige Spanten ragen kreis- und halbkreisförmig auf und suggerieren, mit grünen Zwischenfeldern und braun oder blau mit feinen Spritzern bemalt, ein Schiffsinneres, die See mit ihrem Gischt, karges Inselland, Balken in einem Haus. In die Zwischenräume dieser Konstruktion fügen sich hellerleuchtete Vitrinen, gleichförmig oder freistehend gruppierend, zwanglos ein; auf einer begehbaren Rampe stehen Zeittafeln, Schiffsmodelle und reichverzierte Schiffssteven mit Drachenköpfen, überragt von einer großen Photographie des Bugs des Osebergschdffes. Wir haben die „Welt der Wikinger" betreten, die am Mittwoch der vergangenen Woche von Frau Bundesminister Dr. Hertha Firnberg in Anwesenheit des Bundeskanzlers eröffnet wurde, eine Wanderausstellung, die vom Stockholmer Statens Historiska Museum gemeinsam mit der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums veranstaltet wird und bereits im Rahmen der Olympiaausstellung „Mensch und Meer" 1972 in Kiel zu sehen war.

Mehr als 500 Objekte, Originale und getreue Kopien, Modelle und Karten, vermitteln in ihr ein eindringliches Bild von Kultur und Leben jener Nordmänner, die, aus Dänemark, Norwegen und Schweden kommend, seit Ende des 8. Jahrhunderts für 250 Jahre Westeuropa und die Küsten des Mittelmeeres verheerten und in Angst und Schrecken versetzten (siehe auch den Report auf Seite. 16 der FURCHE vom 10. Februar). In konzentrierter und etwas gedrängter Form zeigt sie den Boden, dem sie entstammten, sowie ihre Kriegs- und Handelswege, die diese Piraten, Händler und Kolonisatoren nach Island, Grönland und über den Atlantik, ins Eismeer, Dnjepr und Wolga hinunter zum Schwarzen Meer, an die Kaspi-See nach Persien, Samarkand und nach Griechenland führten. Sie zeigt ihre Stützpunkte und Ansiedlungen, ihr Leben als Bauern und Jäger, ihren Glauben, ihre Götter und ihre Spiele, ihre Kunst der Eisenbearbeitung und ihre Waffen, das Ausmaß ihrer Beute und ihre magischen Runensteine. In dieser didaktisch gegliederten Fülle lebt ihre Zeit wieder auf, die nordische Welt der Sagas, einer düsteren Mythologie, die lang dem Christentum Widerstand leistete, aber auch eine Kultur, die,kühn, tapfer und einfallsreich, jenen ins Grenzenlose vordringenden Typ des atlantischen Menschen schuf der noch in Kolumbus und den großen Seefahrern wirkte und nach den Worten von Sir Kenneth Clark dem statisch festen Symbol des griechischen Tempels das leichte, bewegliche seiner Drachenschiffe entgegenstellte. Eine einmalige und hervorragende Ausstellung.

Einem beispielhaften Mäzenatentum folgend, zeigt die Erste österreichische Spar-Casse in ihrer Galerie am Schottenring und in der Passage am Wildpretmarkt Montage-und Objektbilder sowie Farbradierungen von Karl Fred Dahmen. Dahmen, Jahrgang 1917 und Professor an der Münchner Akademie, vertritt einen ästhetisierten Dadaismus, der sich von der ländlichen Umgebung seines Ateliers am Chiemsee anregen läßt und den art brut zum l'art pour l'art erhebt. Die Montage-und Objektbilder kombinieren sehr geschmackvoll und dekorativ in meist die Mittelachse betonenden und daher etwas monoton wirkenden Kompositionen arrangierte und „eingestimmte" Fund- und Abfallgegenstände — manchmal in eigenen „Objektschreinen" — mit großflächigen, einfarbigen Polsterfeldern, die die Rahmen einbeziehen. Die technisch raffinierten, ausgezeichnet gedruckten Farbradierungen, die die Formen der Bilder etwas angereicherter wiederholen, machen einen weniger modischen, lebendigeren, stärkeren Eindruck.

Neue Federzeichnungen aus Paris zeigt Peter Kubovsky in der „Galerie auf der Stubenbastei". Die Strukturen von Kubovskys Stadtansichten sind darin, verglichen mit früher, lockerer geworden, ohne an Bestimmtheit, aber doch an Nachdruck zu verlieren, seine filigranen Netze, die die Stadtlandschaften einfangen, erscheinen nun weitmaschiger und durchsichtiger. Die Flä-chengliederung der Blätter ist dabei noch überlegter und einfallsreicher geworden, wenn auch die spezifische Atmosphäre der jeweiligen topoi — in diesem Fall der Seinemetropole — gegeneinander und in sich zuwenig differenziert wirkt. Aus dieser Gefahr des Manierismus müßte sich Kubovsky befreien.

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