6935141-1983_07_02.jpg
Digital In Arbeit

Bußzeitgedanken: Einfach loslassen!

Werbung
Werbung
Werbung

Kürzlich habe ich einen „Club-2" zum Thema „Privilegien" gesehen; junge und ältere Parteienvertreter, ein Journalist, Franz Kreuzer als Diskussionsleiter.

Ehrliches Bemühen, Parteipropaganda, beinahe Resignation. Und ein Satz, an dem ich hängengeblieben bin: „Diese Privilegien können ja nur bei einem Monopolunternehmen entstehen, wo die leitenden Funktionäre und Direktoren große Macht haben."

Gemeint waren in diesem Fall die Ost. Draukraf twerke in Kärnten, wo sehr hohe Gehälter, Entschädigungen, private Vergünstigungen an der Tagesordnung und von der Unternehmensleitung trotz Rechnungshofkritik verteidigt worden sind.

Ich sehe die menschlichen Schwächen dieser und anderer führender Köpfe, die eben der Versuchung zu Macht, Besitz, Geld immer wieder erliegen. Und ich sehe die Abhängigkeiten so vieler, fast aller Menschen von Dingen, Sachen, Konsumartikeln, durch die erst Monopole und Privilegien möglich oder erleichtert werden: vom elektri-

schen Strom, vom Auto, vom Fernsehen, ja vom Arbeitsplatz, der heute auch schon zu einem „Götzen Arbeitsplatz" geworden ist.

Aber besonders, was die zuerst genannten Dinge betrifft: Für mich ist „Loslassen" zu einem wichtigen Wort geworden. Ich erzähle jetzt von mir, weil ich die Freude, die mit diesem Loslassen verbunden ist, mit anderen teilen möchte.

Zuerst konnte ich das Fernsehen loslassen — als Angestellter, meine ich. Die Privilegien, die wir angestellte Fernsehredakteure hatten, schienen mir ein riesiges Hindernis auf dem Weg zu persönlicher Armut, wie sie uns Jesus vorgelebt hat. Und so arbeite ich jetzt als Freier Mitarbeiter.

Dann konnte ich mich aus der 20jährigen Abhängigkeit vom

Auto befreien. Dann vom Bankkonto.

Natürlich: wir sind eine Gemeinschaft von Familien und Alleinstehenden, die das alle anstreben, was dadurch leichter geht. Wir haben (beziehungsweise suchen gerade zu verwirklichen) eine Gütergemeinschaft nach Apostelgeschichte 4,32: „Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele; keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam."

Manchmal muß ich daran denken, daß sich dieses „Loslassen" auch auf Menschen, vielleicht sogar die am nächsten stehenden, beziehen kann. Wenn Gott von Abraham dessen einzigen Sohn verlangt hat und Jesus beim „Ernst der Nachfolge" nicht nur vom Aufgeben allen Besitzes, sondern auch vom Verlassen der engsten Angehörigen um seinetwillen gesprochen hat.

Aber es ist mir dabei eine gewisse Gelassenheit geschenkt. Ich fürchte mich nicht vor dem, was kommen oder sein könnte, sondern irgendwie überwiegt die Freude über das bisher Losgelassene.

Und ich möchte es allen sagen: Probiert es einmal aus, laß den Kaffee einmal für ein, zwei Wochen aus, das allabendliche Fernsehen, das Auto; alles, ohne das wir uns unser Leben nicht mehr vorstellen können, alles, was wir festhalten, umklammert haben.

Die Hände öffnen sich, langsam, mit den Handflächen nach oben, und wir werden diese leeren, offenen Hände hundertfach angefüllt bekommen. Ja, ich möchte es sagen: Seien wir armselig. Hat Seligkeit denn nicht mit Armut zu tun?

Der Autor ist freier Journalist sein nächster ORF-Film: „Fasten". 20. Februar, 18.30 Uhr, FS 1 und Bruder der Franziskus-Gemeinschaft in Pinkafeld (Burgenland).

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung