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Danke, keine Spende
Es ist noch nicht lange her, da hatte ich eine wahrhaft großartige Idee.
Wenn jeder meiner Landsleute, wobei ich keine Standes-, Geschlechts- oder Altersunterschiede mache, so-daß ich also auch Aufsichtsräte, Tanten und Polizisten nicht ausschließe, wenn also jeder Einwohner dieser Bundesrepublik Österreich mir einen Schilling spendierte, täte dieser Umstand keinem weh. Guten Gewissens könnte ich also weiterhin, ja mehr noch als bisher,' in den Spiegel schauen, ich hätte niemanden an den Rand des Ruins oder sonstwie in ernste Verlegenheit gebracht. Ich aber hätte auf diese Weise sieben Millionen, was nicht schlecht ist.
Ich lobe mich für diesen Gedanken. Wie aber so oft bei guten Gedanken liegt der Haken an der Ausführung.
Es fängt da an, wo ich meinen lieben Mitbürgern diese Idee mitzuteilen hätte. Wie aber tu ich das? Ich kann nicht jedem einen Brief schreiben. Abgesehen von der Arbeit, selbst wenn ich die Briefe vervielfältige, sind die Kosten für Papier und Kuverts enorm, und das Porto würde mich pro Person allein schon fünf Schilling kosten, und das wieder würde meinen zu erwartenden Gewinn beträchtlich schmälern, jeder Universitätsprofessor rechnet mir das aus.
Auch Ankündigungen meines Wunsches in Zeitungen oder im Radio, gar im Fernsehen, kommen nicht in Frage. Ich habe mich beim Werbefunk und in den Anzeigenabteilungen der großen Tageszeitungen nach den Tarifen erkundigt und weiß seither, wieso alle Kilos Knackwurst, alle Paar Socken und alle Fleckenloser zum eigentlichen Preis noch neunzig Groschen dazu kosten: es ist ein verkappter Spendenschilling, den allein man schon braucht, um ein Inserat erst überhaupt aufgeben zu können.
Aber selbst.wenn ich Kandidat bei Herrn Gottschalk wäre — ich könnte ja mit ihm wetten, daß ich die Namen und Besitzer aller einsparbaren Dienstautos aufsagen kann, welche Wette ich natürlich verlieren würde, da kein Gedächtnisgenie der Welt zu derlei in der Lage ist —, wenn ich also die halbe Nation gratis und live vor mir hätte, um sie für eine Schillingspende an mich zu gewinnen: es wäre sinnlos.
Buchungs- und Uberweisungsgebühren brächten per Post und den Geldinstituten das, was für mich gedacht wäre, ein, und ich hätte zwar halb Österreich zum Gönner, doch die Zuwendungen verlören sich in den Spesen. Was mir bliebe, wäre der gute Wille meiner Sponsoren und Mäzene, doch davon könnte ich mir keinen Bohnensalat beim Heurigen kaufen.
Ich nehme also Abstand von der Ausführung meines prinzipiell guten Gedankens und danke auf diesem Wege allen, die mir dabei geholfen hätten, herzlich.
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