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Das Leben auf Pump wird salonfähig

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Nach Angaben der Österreichischen Nationalbank verzeichneten 1991 die Privatkredite einen Zuwachs von 11,4 Prozent, während die Industrie ihr Kreditvolumen nur um 2,4 Prozent vergrößerte. Jeder dritte heimische Haushalt hat bereits „einen Bankkredit laufen". Die Tendenz zur Verschuldung ist steigend.

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Nach Angaben der Österreichischen Nationalbank verzeichneten 1991 die Privatkredite einen Zuwachs von 11,4 Prozent, während die Industrie ihr Kreditvolumen nur um 2,4 Prozent vergrößerte. Jeder dritte heimische Haushalt hat bereits „einen Bankkredit laufen". Die Tendenz zur Verschuldung ist steigend.

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Die Gesamtverschuldung österreichischer Privathaushalte lag 1990 bei 654,8 Milliarden Schilling. 70 Prozent stammen aus der Kreditaufnahme bei Banken, der Rest aus Wohn-bauförderungsdarlehen und Versicherungskrediten. Die Schulden gegenüber Versandhäusern und Privatpersonen sind mangels statistischer Grundlagen nicht in dieser Zahl enthalten. Obwohl die Verschuldung von privaten Haushalten im internationalen Vergleich niedrig ist, schlagen die Verantwortlichen von Schuldenberatungsstellen Alarm. Denn die Tendenz zur Verschuldung ist steigend.

Nach Angaben der Österreichischen Nationalbank verzeichneten 1991 die Privatkredite einen Zuwachs von 11,4 Prozent, während die Industrie ihr Kreditvolumen nur um 2,4 Prozent vergrößerte. Die Zunahme von Problemfällen wird mit einer Phasen Verzögerung zwangsläufig folgen.

Jeder dritte heimische Haushalt hat bereits „einen Bankkredit laufen". Dieser Schuldenstand der Privaten hat sich seit 1970 vervierzehnfacht, das

Ausmaß der Haushaltsverschuldung in absoluten Werten seit 1980 mehr als verdoppelt, wobei in den letzten Jahren ein zunehmender Trend vom Wohnbaukredit zum Konsumkredit festzustellen ist. Rückläufig war der Anteil der Wohnbau verschuldung seit 1970 von 77,5 Prozent auf 64 Prozent. Die Konsumkredite stehen jedoch mit der Wohnraumschaffung in engem Zusammenhang (zum Beispiel Wohnungsausstattung). Damit verbunden ist ein Wertewandel. Schuldenmachen galt früher als ehrenrührig. Heute nicht mehr.

Dennoch, so WIFO-Experten in ihrer Studie „Ökonomische Aspekte der Verschuldung privater Haushalte", ist Österreich noch weit von einer Spitzenposition entfernt; der Privatverschuldung werden noch gute

„Wachstumschancen" eingeräumt. Die wesentlichen Ursachen der privaten Verschuldungsprobleme sind unerwartete Einkommensausfälle, etwa durch Arbeitslosigkeit und Krankheit, oder das Ausscheiden eines Partners aus dem gemeinsamen Haushalt, sagt Generaldirektor Rene" Alfons Haiden von der Bank Austria.

Daten von 205 österreichischen Banken, die 56,4 Prozent aller Kreditverträge und 71,4 Prozent des Kreditvolumens an unselbständig Erwerbstätige und Private repräsentieren, zeigen, daß nur ein Anteil von 2,2 Prozent bei Kreditverträgen und von zwei Prozent beim Kreditvolumen im Stadium der Rechtsverfolgung sind. In absoluten Zahlen ausgedrückt: 97.300 Kreditverträge und 7,8 Milliarden Schilling haben Rechtswege

erforderlich gemacht. Die Zahlen sind insofern noch zu überprüfen, da Haushalte mit Verschuldungsproblemen meistens mehr als einen Kredit aufgenommen haben.

Nach der Kreditlaufzeit liegen die Anteile an Krediten in Rechtsverfolgung bei den Krediten mit einer Vertragsdauer von bis zu fünf Jahren mehr als doppelt so hoch wie bei den langfristigen Krediten. Mit zunehmender Höhe nimmt auch die Problemintensität ab. Liegt sie bei Krediten unter 300.000 Schilling noch bei etwa 4,5 Prozent, so sinkt sie für Großkredite über eine Million Schilling auf 1,7 Prozent (Zahl der Kreditverträge) beziehungsweise 2,3 Prozent (Kreditvolumen).

Das Nettoeinkommen des Kreditnehmers korreliert eindeutig mit dem Ausmaß an Krediten in Rechtsverfolgung. In der niedrigsten Einkommenstufe bis 10.000 Schilling liegt es um ein Vielfaches über dem Wert des mittleren Einkommens. Bei einem Nettoeinkommen über 26.000 Schilling bleibt die Problemintensität im allgemeinen unter einem Prozent. Bemerkenswert auch der Zusammenhang zwischen Alter und Fähigkeit, den Kredit auch wieder zurückzuzahlen. Je älter die Konsumenten, desto problemloser die Zahlungen. Ledige und geschiedene Kreditnehmer haben höhere Problemintensitäten.

Überraschend ist die Tatsache, daß Kredite mit einer monatlichen Belastung bis 2.000 Schilling die höchste Rechtsverfolgung aufweisen.

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