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Der Arbeitgeber Kirche

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Ab 1. Februar 1983 dürfen sich die Dienstnehmer der Erzdiözese Wien über eine viereinhalbprozentige Erhöhung ihrer Grundgehälter freuen. Die betriebsinterne Familienzulage steigt um fünfzig Schilling auf 950 Schilling monatlich. Darüber hinaus werden die Bezieher von Sonderzulagen auf ihren Gehaltskonten eine Anhebung dieser Zulagen um 4,42 Prozent registrieren.

Soweit das nüchterne Ergebnis von Tarif Verhandlungen, an deren Ende die Vertreter der Arbeitnehmer von einem „Bruch der innerkirchlichen Sozialpartnerschaft“ sprachen. Ihre Konse-

quenz: Sie verweigern die Unterzeichnung des neuen Gehaltskontraktes.

Die Arbeitgeberseite in Person von Generalvikar Weihbischof Hellmut Krätzl sah sich daher veranlaßt, in einem dreiseitigen Brief „an alle Dienstnehmer“ den Verhandlungsverlauf und das Ergebnis zu erläutern und um Verständnis für die Position der Kirche als Arbeitgeber zu werben, war der innerkirchliche Lohn

konflikt doch auch in die Öffentlichkeit getragen worden.

Ein Vergleich der Praxis von Lohnabschlüssen sowie der Einkommen katholischer Kirchenangestellter in Österreich fällt nicht gerade leicht. Zum einen präsentiert sich die Finanzgebarung in den einzelnen Diözesen unterschiedlich. Zum anderen ist die Kirche in diesem Bereich nicht gerade transparentversessen.

Ganz allgemein kann aber festgehalten werden: Die Höhe der Bezüge orientiert sich im großen und ganzen anjenen der öffentlich Bediensteten. Auch die Einstufung der Dienstnehmer erfolgt ähnlich wie im öffentlichen Dienst gemäß Schulabschluß (Universitätsstudium, Matura, abgeschlossene Fachausbildung usw.).

Während aber in der Diözese Graz-Seckau die Einstufung ausschließlich nach der Schulbildung vorgenommen wird, ist es in der

Erzdiözese Wien auch möglich, ohne abgeschlossenes Hochschulstudium in die Verwendungsgruppe A gereiht zu werden bzw. aufzurücken.

Bei Gehaltsverhandlungen warten die kirchlichen Tarifpartner in der Regel die Lohnabschlüsse der Beamten ab, ehe sie sich selbst an den Verhandlungstisch setzen. So entspricht die 4,5prozentige Lohnerhöhung per 1. Februar der durchschnittlichen Bezugserhöhung der Beamten.

Auch die Diözese Feldkirch hält sich nach Auskunft von Finanzkammerdirektor Hugo Wund peinlich genau an die Bezüge der Vertragsbediensteten im Landesdienst.

Aus der Reihe tanzen die Steirer: Wie der Direktor der Finanzkammer der Diözese Graz-Sek- kau, Alfred Taschandl, erklärt, werden zwar andere Lohnab- schlüsse’ bei allfälligen Gehaltsverhandlungen berücksichtigt. Dennoch versucht man Jahr für

Jahr aus verschiedenen Daten — durchschnittliche Inflationsrate, prognostiziertes Wirtschaftswachstum oder zu erwartendes Kirchenbeitragsaufkommen - einen weitgehend aussagekräftigen, realistischen Index zu bilden. Bisher hat sich diese Vorgangsweise laut Direktor Tschandl bewährt, Dienstgeber wie Arbeitnehmer waren zufrieden.

In der Steiermark kann ein Bediensteter in der Verwendungsgruppe A mit einem Anfangsgehalt von 13.230 Schilling rechnen. In der Verwendungsgruppe F, in die fast ausschließlich das Reinigungspersonal eingestuft wird, werden als Anfangsbezug 7.200 Schilling ausbezahlt. Nach rund zwänzig Dienstjahren verdient die Reinigungskraft 8.270 Schilling, während der A-Bedienstete auf 18.880 Schilling kommt.

In der Erzdiözese Wien beginnt die Verwendungsgruppe A in Stufe 1 mit 13.096 Schilling und erreicht nach zwanzig Dienstjahren 17.827 Schilling. Der Wiener Bedienstete in Verwendungsgruppe F kommt auf ein Anfangsgehalt von 7.945 Schilling. Nach zwanzig Dienstjahren werden ihm 9.636 Schilling ausbezahlt.

Und genau hier liegt auch die tiefere Ursache für die Enttäuschung der Wiener diözesanen Betriebsräte: Ihre Lohnpolitik war in den letzten zehn Jahren dadurch gekennzeichnet, daß sie zugunsten der Niedriglohn-Bezieher auf eine aliquote Steigerung der oberen Einkommensgruppen verzichtet haben. Nunmehr hofften sie, durch eine sogenannte Schemabereinigung die Gehaltsrelationen wieder ins Lot zu bringen. Was vorderhand einmal gescheitert ist.

Zu hoffen bleibt, daß im Gefolge davon nicht allenthalben die Neidgenossenschaft zu wachsen beginnt. Schon heute erregen jene 17 Sonderverträge von Dienstnehmern, über deren Höhe und jährlichen Zuwächse nur gemun- kelt wird, den Unmut der erfolglosen Gehaltsverhandler und der Belegschaft.

Vielleicht könnte eine Offenlegung dieser Verträge einigen Unmut wieder planieren helfen.

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