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Der Christ in Europa muß diasporafähig werden

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In den letzten Jahren hat Papst Johannes Paul II. wiederholt zur Neuevangelisierung Europas aufgerufen. Den Redemptoristen ist diese Forderung vertraut. Ihr drittes europäisches Jugendtreffen vom 4. bis 9. August in Eggenburg stand unter dem Leitwort: Das Evangelium neu verkünden.

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In den letzten Jahren hat Papst Johannes Paul II. wiederholt zur Neuevangelisierung Europas aufgerufen. Den Redemptoristen ist diese Forderung vertraut. Ihr drittes europäisches Jugendtreffen vom 4. bis 9. August in Eggenburg stand unter dem Leitwort: Das Evangelium neu verkünden.

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In Eggenburg in Niederösterreich nahmen 1.700 Jugendliche aus fünfzehn Ländern Europas und auch aus anderen Ländern der Erde an dem Jugendtreffen teil. Es lohnt sich, davon etwas ausführlicher zu berichten, weil manches dieser Veranstaltung Modellcharakter für die Neuevangelisierung Europas haben kann.

Das Jugendtreffen wurde von der Generalleitung initiiert, aber von jungen Mitbrüdern aus verschiedenen Ländern - unter aktiver Mitarbeit von Jugendlichen selbst - vorbereitet. Beides war wichtig: Die Mitgestaltung durch Vertreter der verschiedenen Nationen - kein Land sollte den anderen Ländern seine Ideen aufdrängen - und die Mitarbeit der Jugendlichen selbst. Die Jugendlichen sollten von Anfang an auch Träger der Evangelisierung sein.

Diese Vorgangs weise war mühsam und führte auch zu Schwierigkeiten. Konkret zeigte sich dies zum Beispiel bei der Auswahl von biblischen Grundtexten. Eine Gruppe befürwortete als Grundtext den Bericht von der Aussendung der zweiundsiebzig Jünger (Lk 10,1-12). Andere konnten sich damit nicht identifizieren. Sie fühlten sich selbst noch auf dem Weg. Außerdem ist Europa für die Evangelisierung kein Neuland. Es gibt eine fast zweitausendjährige christliche Geschichte; auch mit unzähligen Enttäuschungen.

Chance für die Orden

Auf dem Hintergrund dieser Erfahrungen und Überlegungen wurde ein zweiter biblischer Grundtext gefunden: die Erzählung von den Emmaus-jüngem. Die Emmausjünger müssen zuerst mit Hilfe des unbekannten Begleiters ihre Enttäuschungen verarbeiten, um wieder neu glauben zu können. Erst dann sind sie fähig, das Evangelium neu zu verkünden. So kann sich die Neuevangelisierung Europas besser an den Emmausjün-gem orientieren als an der Aussendung der zweiundsiebzig.

Schließlich wurden von der Vorbereitungsgruppe, die über hundert Mitglieder umfaßte, beide Texte als Grundlage für das Treffen gewählt.

Das Jugendtreffen dauerte vier volle Tage. Aufgrund der Überlegungen ergaben sich vier Schritte:

1. Das Evangelium neu entdecken. Das ist eine Aufgabe, die sich dem Christen in den verschiedenen Lebenssituationen zu allen Zeiten immer neu stellt, ganz besonders den jungen Christen gegenwärtig in Europa.

2. Das Evangelium in mir lebendig werden lassen. Äußere Traditionen allein tragen heute nicht. Der Christ in Europa muß diasporafähig werden. Dies kann nur geschehen, wenn das Evangelium in mir selbst lebendig wird.

3. Das Evangelium in der Welt von heute lebendig werden lassen. Wer selbst etwas von der befreienden und erlösenen Botschaft erfahren hat, kann mitwirken, daß das Evangelium in der Welt von heute lebendig wird. Dazu gehört auch die Verantwortung für Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung.

4. Mein persönlicher Auftrag und unsere gemeinsame Sendung in der Welt. Es hat nicht viel Sinn, darüber nachzudenken, was man alles tun könnte und sollte, um das Evangelium neu zu verkünden. Wichtiger ist die Frage: Was ist mein Auftrag, was ist unsere Sendung, was kann ich, was können wir tun?

Es warein reichhaltiges und vielfältiges Programm. Das Flußbett war gegraben, das Wasser konnte fließen; das Wasser des Lebens junger lebendiger Christen und das Wasser des Lebens, das Jesus verheißen hat.

Es bewahrheitete sich in diesen Tagen eine Feststellung, die Johann Baptist Metz in seinem Buch Uber die Orden getroffen hat. Er meint, die internationalen Orden hätten, da sie in den verschiedenen Ländern vertreten sind, die große Chance, Menschen aus verschiedenen Nationen zusammenzuführen. Diese Chance wurde bei dieser Begegnung genutzt.

Es war wirklich ein „europäisches" Jugendtreffen; gestaltet und getragen von den jungen Redemptoristen und Jugendlichen der verschiedenen Länder. Es war eine offene, angstfreie und geschwisterliche Atmosphäre. Die Vielfalt der Nationen, der Sprachen und der Ausdrucksformen zeigte sich als Bereicherung. Das Verbindende war das Evangelium, der gemeinsame Glaube an Jesus.

Aus dieser Erfahrung ergeben sich auch Konsequenzen für die Neuevangelisierung Europas. Es gilt in den einzelnen Ländern den Reichtum und die Vielfalt der Gaben, die es trotz aller Entchristlichung gibt, zu entdek-ken und zu fördern. Dann kann ein neues Pfingsten entstehen, wo die Menschen verschiedene Sprachen sprechen und sich doch verstehen und die Vielfalt nicht als Last, sondern als Geschenk erfahren wird. Das aber setzt voraus, daß jeder und jede Nation zu Wort kommen kann und keiner den anderen unterdrückt.

Der Erfolg ist schwer festzustellen. Aber es wurden in diese Richtung viele Impulse gegeben. Um die Verständigung zu erleichtem wurde viel mit Zeichen und Symbolen gearbeitet, wurden die Texte in sieben Sprachen übersetzt und konnten sich die Teilnehmer auch in Sprachgruppen treffen. Das Evangelium wurde tatsächlich in vielen neuen Formen, die in den letzten Jahrzehnten in den einzelnen Ländern entstanden sind und durch den Einsatz der modernen Kommunikationstechnik möglich sind, verkündet. Und viele sind zweifellos bereichert nach Hause gefahren.

Auch daraus ergeben sich Konsequenzen für die Evangelisierung in Europa. Die Kirchen der einzelnen Länder können viel voneinander lernen, wie das Evangelium heute von neuem und in einer neuen Weise verkündet werden kann. Für die Redemptoristen war dieses Jugendtreffen in Eggenburg eine Etappe auf dem Weg. Die internationale Jugendarbeit der Redemptoristen und der verschiedenen redemptoristischen Gemeinschaften soll in Europa weitergeführt und auf den anderen Kontinenten verstärkt angestrebt werden.

Für die nächste Zukunft hat P. General Juan M. Lasso de la Vega zwei konkrete Vorschläge gemacht: Jugendliche sollen sich ein Jahr ihres Lebens ganz der Jugendarbeit widmen. In den einzelnen Ordensprovinzen soll es zumindest eine Ordens-kommunität geben, wo Redemptoristen und Jugendliche gemeinsam leben und gemeinsam für und mit den Jugendlichen arbeiten. In England, Irland und Spanien gibt es bereits solche Kommunitäten.

Ziel der internationalen Jugendtreffen ist, die Jugendarbeit der Redemptoristen in den einzelnen Ländern zu fördern und die Jugendlichen selbst zur Mitarbeit in der Evangelisierung zu befähigen.

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