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Ein Fünfer für die (Ein-)Bildung

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Wenn die Knirpse der Volksschule demnächst zusammen mit ihren Zeugnisnoten eine verbale Leistungsbeurteilung ausgehändigt bekommen, hat das einen kleinen Schönheitsfehler: Manche werden sie noch nicht, andere noch immer nicht lesen können.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Oder doch? Die „Nachschulung in Grundkenntnissen — Schreiben, Rechnen, Lesen, Ausdrucksfähigkeit, Fremdsprachen —, deren Mangel oft in der Praxis ein wesentliches Einstellungshindernis ist“, soll jetzt in Angriff genommen werden.

Das reiht im Koalitionspakt unter den Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Vernichtender hätte das Urteil über die Schule gar nicht ausfallen können.

Die Parteien haben an der Schulfront Pyrrhussiege erfochten. Die ÖVP hat - unterm Strich — die Tagesheimschule erreicht, die SPÖ den Kurs auf die Gesamtschule. Sie kommt auf Samtpfoten, weil die „Neue Hauptschule“ in der Realität oft nur die Karikatur ihrer papierenen Konzeption ist.

Scharenweise treibt die neue Einteilung in Leistungsgruppen -wobei vielfach nicht Leistung, sondern Schülerzahlen das Schicksal bestimmen - Volksschüler in die Unterstufe der Allgemeinbildenden höheren Schulen. Heute bereits platzen in städtischen Gebieten die Unterstufen aus den Nähten, während Hauptschulen Klasse um Klasse verlieren. Der Trend ist eindeutig.

Unser Pflichtschulbereich befindet sich in einem katastrophalen Zustand, wenn — wie eingestanden — elementare Grundkenntnisse erst „nachgeschult“ werden müssen.

Die Folgen reparieren, die Ursachen aber zementieren? Was ist das — nichts gegen die sympathische Hilde Hawlicek — für eine Schulpolitik?

Welcher Stellenwert ihr zukommt, ist leicht daran zu erkennen, daß das Unterrichtsministerium bei den Koalitionsverhandlungen unter den „unattraktiven“ Ressorts reihte, um das nicht gekämpft wurde. Unattraktiv deshalb, weil man die Reformen im großen und ganzen als gelaufen betrachtet.

Das ist eine (Ein-)Bildungspo-litik, mit der wirklich kein Schüler lachend ins Leben hinaustreten kann.

Ein schlichter Fünfer für diese Schulpolitik, hier bereits durch verbale Beurteilung ergänzt. Das soll ja — über die Information zum Leistungsstand hinaus — zur Motivation dienen. Und die haben Schulpolitiker — wo sind sie überhaupt? — aller Schattierungen bitter nötig.

Unsere „kostenlose“ Bildung ist fragwürdig, ist schon zu billig. Und das sollen unsere Kinder teuer bezahlen?

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