6861253-1977_37_13.jpg
Digital In Arbeit

Kappler nun im Kino

Werbung
Werbung
Werbung

Der italienische Film „Rappres- saglia“ hat gleich nach seiner Entstehung im Jahre 1973 von sich reden gemacht, als gegen die Produzenten eine Klage wegen Diffamierung von Papst Pius XII. eingebracht wurde. Inzwischen wurde er auch synchronisiert, yon den Verleihern aber aufs Eis gelegt.

Die historischen Tatsachen sind inzwischen wieder ins Gedächtnis zurückgerufen worden. Am 23. März 1944 überfielen italienische Partisanen in Rom eine SS-Einheit, von der schließlich 33 Mann auf der Strecke blieben. Die von Hitler direkt angeordnete Vergeltungsaktion verlangte einen zehnfachen Zoll an italienischem Blut. Schließlich wurden 335 Italiener ausgewählt, die dann in den Adreatini- schen Höhlen nahe Rom per Genickschuß liquidiert wurden. Wichtig zu wissen ist, daß Kappler nicht wegen der Massenhinrichtung von Geiseln an sich, die nach einem erst 1949 aufgehobenen Artikel der Haager Landkriegsordnung damals juristisch unangreifbar schien, sondern deswegen, weil er irrtümlich fünf Italiener zuviel erschießen ließ, verurteilt wurde.

Diesem tragischen Randereignis der Weltgeschichte wird im Film eine Story vorangeschickt, die nach dem Roman „Tod in Rom“ des Amerikaners Robert Katz konzipiert wurde und Kappler, den SD-Chef von Rom, als großen Kunstfreund und Humanisten präsentiert. Auch als von höherer Stelle die barbarische Vergeltungsaktion befohlen wird, versucht er noch einzulenken und müht sich - ebenso wie der römische Polizeipräsident - ehrlich ab, ja keinen ganz Unschuldigen vor das Exekutionskommando zu bringen. Erst als er von dem deutschen Stadtkommandanten General Maelzer persönlich den Auftrag bekommt, die Erschießungen zu befehligen, zeigt er, was ein echter SS-Mann ist und demonstriert sogar einem jungen Offizier seiner Einheit, der oei dem Grauen schlapp macht, wie man in einem solchen Fall verfährt.

Dabei erschießt er einen Priester, der sich unter die Todgeweihten geschmuggelt hat, der wie Kappler ein großer Kunstfachmann war und die volle Achtung des SS-Offiziers genießt. Diese Romanfigur wurde offensichtlich eingefügt, um die Angriffe auf die Kirche abzuschwächen, da Papst Pius XII. bewußtes Nichthandeln und politischer Opportunismus in dieser Affäre ziemlich unverblümt vorgeworfen wird. Sonst versucht der Film aber allen Seiten gerecht zu werden: den SS-Leuten wie den italienischen Faschisten und den kommunistischen Partisanen. Schuldprobleme und politische Hintergründe werden weitgehend ausgeklammert. Und wenn hier Kappler - bis zur etwas abrupten Schlußwendung - geradezu glorifiziert wird, muß man sich doch fragen, wie ein Mann von solch edler Denkungsart zum SS-Bonzen aufsteigen konnte. Aber warum soll, wenn die Herren Fest und Rieb Hitler im Film schon wieder fast einen guten Mann sein lassen, ein kleines Werkzeug seines Regimes schlechter wegkommen?

Wahrscheinlich ist diese Wei- chenstellung auch dem Star Richard Burton zuliebe geschehen, der aber als Kappler noch immer eine bessere Figur macht als der in den dramatischen Szenen restlos überforderte Marcello Mastroianni als Priester, der dem Film zu dem ärgerlichen politischen auch noch einen fast lächerlichen melodramatischen Akzent gibt.

Sie vorliegende deutsche Fassung spricht noch von dem in lebenslanger Haft befindlichen Kappler und blendet abschließend auch die Namen aller Opfer des 24. März 1944 ein. Als Anschluß an die jüngste Aktualität bringt sie aber noch die „neueste Meldung“: „Kappler wurde mit Hilfe seiner Frau befreit und nach Deutschland gebracht. Hier will er in Ruhe sterben.“ Wie einfach man manche Dinge doch darstellen kann!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung