6870689-1978_22_08.jpg
Digital In Arbeit

Kontakt mit dem Hörer über den „Direkten Draht“

Werbung
Werbung
Werbung

Ein Babysitter wird benötigt, eine Dame sucht das alte Kochbuch „Die Wiener Küche“, und Kinder aus Purkersdorf brauchen einen Theatervorhang für ihre Aufführungen. Diese und viele andere Wünsche werden täglich im Niederösterreich-Lokalprogramm „Was ist los in Niederösterreich“ zwischen 7.45 und acht Uhr früh oder in der Sendung „Hereinspaziert“ zwi-> sehen 14 und 15 Uhr vorgetragen.

Der Intendant des ORF-Studio Niederösterreich, Ernst Wolfram Marboe, hatte die Idee, ein Hörerservice einzurichten, den „Direkten Draht“. Zehn Wochen ist diese Kontaktstelle nun in Betrieb und erlebt einen unerwartet regenZusprüch, 3600 Anrufe Sindbis' jetzt eingelangt'',^DaS -Hörerserviee'Ist mir eine große Hilfe“, sagte eine Mutter von sechs schulpflichtigen Kindern aus Obergrafendorf. „Wenn ich ein Problem habe, weiß ich jetzt, wohin ich mich wenden kann.“

Dieser „Direkte Draht“ ist über 65 88 83 für jeden erreichbar. Eine freundliche Damenstimme ladet ein, Wünsche und Beschwerden, Name und Adresse oder Telephonnummer bekanntzugeben, um die erwünschte Hilfe auch tatsächlich wirksam werden zu lassen. Das Gespräch wird auf Tonband aufgenommen, zweimal täglich in der Argentinierstraße abgehört und sofort ausgewertet.

Da jeder Anrufer unbegrenzt lang sprechen kann, ohne abgeschaltet zu werden, gibt es viele Menschen, die sich des Drahtes bedienen, wenn sie sich aussprechen wollen oder Zuspruch in einer verzweifelten Lage suchen. Für viele Leidende und Einsame konnten Kontakte geschaffen werden. Dr. Augustine Wöss, die Verantwortliche, hat bereits eine kleine freiwillige

Mitarbeiterschar, die sich dem „Direkten Draht“ zur Verfügung gestellt hat, Menschen, die sich gern um ihre Mitmenschen kümmern, rüstig, agil und unternehmungslustig sind. Eine wertvolle Hilfe ist vor allem Günther Wiesinger, ein Journalist, selbst Spastiker, der sich besonders um die sozialen Fälle, die Kontaktsuchenden und Einsa->men kümmert. Vielen Ratsuchenden konnte auch bei Schwierigkeiten mit Behörden geholfen werden.

Diese Vermittlerstelle scheint besonders für kulturell unterbetreute Gebiete wichtig, doch melden sich auch genügend Wiener zu Wort. Viele suchen Partner mit gleichen InteresT sen für Hausmusik, für Klavierbegleitung, für englische und französische Konversation oder zum Wandern.

Des größten Zuspruchs aber erfreut sich der „Flohmarkt“, er stellt ein eigenes Kulturservice dar: Seitepe Bücher, Bibeln, Gebetbücher, Schallplatten, Münzen werden gesucht und getauscht, Sammler miteinander in Verbindung gebracht.

Besonders stark ist das Bedürfnis der Hörer, über das Radio zu menschlichen Kontakten zu kommen; ein kleiner Bub möchte einen anderen, der mit ihm auf den Fußballplatz geht, eine ältere Frau fragte an, ob sie jemand am Sonntag in die Kirche begleiten könnte.

In letzter Zeit mehren sich die Anrufe so sehr, daß die zwei bis dreimal täglich eingeschalteten fünf Minuten nicht mehr ausreichen. Wie nun ein verstärkter Hörerdienst in das Gesamtkonzept des Programmes eingebaut werden kann, ohne als Fremdkörper zu wirken, wird die Aufgabe der weiteren Planung sein.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung