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Mit kleinen Fehlern

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Das „kleine Opernfest“, das Intendant Nemeth dem Grazer Publikum zum Saisonausklang gab, rief zwar Massen von Opernfoesüchern ins Haus, war jedoch so glanzvoll nicht, wie sich zu geben es versprochen hatte. In die Revue der aufpolierten Repertoirevorstellungen eingebettet waren eine echte Premiere und eine Wiederaufnahme. Aber auch die echte Premiere, die „Götterdämmerung“, bediente sich der Bühnenform, die Andre Diehl und Wolfram Skalicki ihr vor mehr als einem Jahrzehnt gegeben hatten. Musikalisch war das Werk allerdings völlig neu besetzt und somit eine Neueinstudierung. Ernst Märzendorfers Interpretation bestach durch die ungestüme Leidenschaft und die spannungsgeladene Vitalität, mit denen er das emotionale Spektrum dieser Musik zum Klingen brachte. Die schwachen Punkte der Aufführung waren die nicht ganz zulängliche BrünnhBde der Anna Green; ferner Thomas O'Leary als Hagen mit geringer Ausstrahlung, vor allem aber einzelne Bläser des Orchesters, die sich Dinge leisteten, wie sie bei der letzten Repertoirevorstellung nicht passieren dürften.

Viel peinlicher aber fiel die progressive Qualitätsminderung des Orchesters bei der Neustudierang des „FideZio“ ins Gewicht: Carl Melles war als Dirigent wahrlich nicht zu beneiden; er kämpfte vergebens gegen schlampige Einsätze, falsche Töne und andere Unschönheiten. Die erste Aufführung (mit Kmentt als Florestan) glich mehr einer Probe als einer Premiere, die zweite (mit Cochran) gelang um einiges besser.Insgesamt fehlte es an Feuer, an Leidenschaft und Schwung trotz der ausgezeichneten Roberta Knie in der Titelrolle.Schuld an der immer öfter auffallenden Quali'tätsverringerung im Orchester ist möglicherweise das an sich segensreiche System des Intendanten Nemeth, statt eines Chefdirigenten und Operndirektors bekannte Künstler für jeweils nur eine oder zwei Produktionen einer Saison zu verpflichten. Der Nachteil dieser Einführung scheint nun darin zu liegen, daß den Grazer Philharmonikern, die einen für sie äußerst günstigen Vertrag mit dem Land Steiermark und der Stadt Graz haben, die für sie verantwortliche Führungshand fehlt. Mit anderen Worten, die Misere dieses Orchesters, das — wie es oft bewiesen hat — zu qualitätsvollen Leistungen durchaus befähigt wäre, könnte vermutlich durch einen künstlerischen Leiter, der neben der sachlichen Kompetenz auch über die nötige pädagogische Ausdauer verfügt, bald behoben werden. So würden sich den Grazer Philharmonikern, die derzeit ein recht unbemerktes Dasein fristen, wahrscheinlich Chancen für Platten- und Rundfunkaufnahmen und natürlich auch Gastspielreisen eröffnen.

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