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Neue Kraft kommt aus den Regionen

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Am 10. Juli 1986 beschloß der Niederösterreichische Landtag gleichzeitig mit der Errichtung einer eigenen Landeshauptstadt in St. Pölten auch die Stärkung der Regionen und Gemeinden sowie die Dezentralisierung der Verwaltung. Was ist daraus geworden?

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Am 10. Juli 1986 beschloß der Niederösterreichische Landtag gleichzeitig mit der Errichtung einer eigenen Landeshauptstadt in St. Pölten auch die Stärkung der Regionen und Gemeinden sowie die Dezentralisierung der Verwaltung. Was ist daraus geworden?

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Der Vorstoß des niederösterreichischen Landeshauptmannes Siegfried Ludwig zur Gründung einer eigenen Landeshauptstadt hat das größte Bundesland Österreichs in Bewegung gebracht. Žu- vor war die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung Niederösterreichs weitgehend in Richtung Wien verlaufen. Das „natürliche“ Zentrum des Landes hatte viele Kräfte an sich gezogen. Jetzt zieht das Land unter der Enns aus der Bundeshauptstadt aus.

Der Beschluß des Niederösterreichischen Landtages vom 10. Juli 1986, mit dem St. Pölten zur neuen Hauptstadt ernannt wurde, hat aber eine wahrscheinlich für das Land noch wichtigere Entscheidung mit sich gebracht: In der Landesverfassung wurde gleichzeitig die Stärkung der einzelnen Regionen sowie die weitgehende Dezentralisierung der Landesverwaltung als politischer Auftrag verankert (siehe Kasten „Der Auftrag“ ).

Zwischen den Landtagsparteien wurden für die nächsten 20 Jahre zusätzliche Förderungsmit- tel in der Höhe von 500 Millionen Schilling jährlich paktiert, von denen 150 Millionen Schilling direkt den Gemeinden zufließen. 350 Millionen Schilling werden pro Jahr für zusätzliche wirtschaftliche Impulse in den einzelnen Regionen zur Verfügung stehen.

Der wesentlichste Unterschied zur Regionalförderung besteht nun darin, daß erstmals ein professionelles Management in Form der landeseigenen Betriebsan- siedlungsgesellschaft „Eco-Plus“

die Zügel in die Hand nimmt. Die neue Regionalpolitik nimmt auch wesentlich stärker auf die spezifischen Eigenheiten jeder Region Bedacht. Allerdings: Die Regionalisierungsmanager haben bloß ein Vorschlagsrecht. Die letzte Entscheidung über Investitionen und Förderungsgelder trifft die Landesregierung.

Für viele Menschen im Land geht daher die Regionalisierung nicht weit genug. Sie wünschen sich, daß die regionalen Planungsbeiräte in Form von „Regionalparlamenten“ funktionieren, mit mehr Kompetenzen und mehr Verantwortung.

In den siebziger Jahren war Niederösterreich in elf Planungsregionen aufgeteilt. Die Zugehörigkeit zu jedem der 21 politischen Bezirke hat sich aber als besonders wichtig für das regionale Bewußtsein erwiesen. Darauf wird jetzt wieder mehr Rücksicht genommen.

Die erwachende regionale Identität stellt auch eine Herausforde- * rung für die Landesverwaltung dar. Bis zum Herbst 1987 muß den Landeshauptstadt-Managern mitgeteilt werden, mit wie vielen Beamten sie nach der Übersiedlung der Landesregierung nach St. Pölten in der neuen Landesmetropole rechnen müssen.

Vorweg: Die 50.000 Einwohner zählende Traisenstadt wird keine „Beamtenburg“ . Von den insgesamt rund 16.000 Landesbeamten arbeiten derzeit nur etwa 3.400 in Wien. Der Rest leistet den Dienst bereits jetzt „dezentral“ über das ganze Land verstreut. Dementsprechend gering ist die Zahl jener Beamten, die zusätzlich in den nächsten Jahren aus den Zentralstellen in die Regionen übersiedeln. Nach vorläufigen Schätzungen geht es dabei um rund 200 bis

300 Dienstposten. Ein Drittel der derzeitigen Landesbediensteten trifft der Auszug der niederösterreichischen Landesregierung aus Wien ohnehin nicht mehr: Sie befinden sich zu diesem Zeitpunkt bereits im wohlverdienten Ruhestand. Und die Aufnahme in den Landesdienst ist schon seit einigen Jahren ausschließlich auf Niederösterreicher beschränkt worden.

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