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Neue Musik für Jeunesse'
Zwei zeitgenössische Komponisten und ein „Klassiker der Moderne“, ein junger schwedischer Dirigent und das ORF-Ensemble (Orchester und Frauenchor): das ergab, am vergangenen Freitagabend, ein mustergültiges Konzert für die „Musikalische Jugend“, die das Dargebotene auch zu würdigen wußte.
Ingvar Lidholm, Jahrgang 1921, in Stockholm ausgebildet und dort seit
1965 Komposition unterrichtend, gehört zu den interessanteren Komponisten der europäischen Avantgarde. Sein wichtigstes Orchesterwerk „Poesis“ erreichte uns mit fast zehnjähriger Verspätung. Indem er dem Tutti-Orchester mehrere instrumentale „Individuen“ gegenüberstellt (ein Klavier, einen Kontrabaß und eine Schlagwerkgruppe), will er eine Art symphonischer Dramatik verwirklichen. Das gelingt ihm mit in unserer Zeit vielfach erprobten Mitteln: Klangflächen, Blöcken, Clusters, die durch Vierteltöne verdichtet werden, interne Polyphonie usw. Die Saiten des geöffneten Flügels werden geschlagen und gestrichen, der Pianist zieht eine Pfeife aus der Tasche und bläst schrille Töne, danach leuchtet er mit einer Taschenlampe ins Publikum, vorher hat Rainer Keuschnig eine bravouröse Kadenz gespielt, ganz normal, oder fast normal... Im Orchester wechseln kaleidoskopisch meist grelle Klangfarbenflächen, das letzte Wort hat ein glissierender Kontrabaß. Urteilt man nach dem Prinzip, daß alle Gattungen erlaubt sind, außer der langweiligen, so mag man dieses 20-Minuten-Stück gelten lassen.
Der darauf folgende „Siebengesang“ für Oboe, Orchester, Singstimmen und Lautsprecher von Heinz Holliger machte den stärkeren Eindruck. Der im Kanton Bern geborene Komponist ist auch ein exzellenter Oboist. Als solcher hat er sich einen Namen gemacht, und in Wien blies er das durch Lautsprecher verstärkte Soloinstrument selbst. Nach der 9. Minute dirigierte er auch einen Teil des Orchesters, gemeinsam mit Leif Segerstam, und was zunächst wie eine Spielerei aussah, bewährte sich, indem die verschiedenen Orchestergruppen plastisch hervortraten und „gegeneinander“ spielten, wodurch auch die Poly-rhythmik besser zur Wirkung kam. Holliger lehnt sich gern an dichterische Texte, deren Stimmung düster, jenseitsgewandt, pessimistisch und mystisch ist. Im „Siebengesang“, dem vorletzten Teil eines größeren Zyklus, sind es sieben Strophen Georg Trakls, die ein Frauenchor vorträgt, der in geheimnisvollem Pianissimo verklingt. — Man wagt es kaum, bei einer Trakl-Vertonung das Prädikat „kongenial“ anzuwenden, aber man darf dem jungen Schweizer Komponisten bescheinigen, daß er eine sehr ernstzunehmende, stimmungsträchtige und expressive Musik zu den Versen eines der größten Lyriker der ersten Jahrhunderthälfte geschrieben hat.
Soweit man dies nach einem ersten Hören beurteilen kann, haben das Orchester und der Frauenchor des Rundfunks unter der Leitung des sehr versierten Leif Segerstam diese schwierigen Partituren bestens realisiert. Danach wirkte Prokofieff's sechsteilige Konzertsuite aus dem Ballett „Die Liebe zu den drei Orangen“, 1918 bis 1920 in den USA entstanden, recht handfest und ein wenig simpel. Aber der „Marsch“ ist ein echter Schlager, und dieser kurze Teil des Konzerts war wohl auch ein wenig als Entspannung gedacht. Viel Beifall für alle Ausführenden.
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