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Nochmals „national“

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Professor Bäuerle hat schon recht, wenn er angesichts freiheitlicher Studentenverbindungen „national“ mit „deutschnational“ gleichsetzt. Die Tatsache, daß man, ohne mißverstanden zu werden, „national“ für „deutschnational“ sagen kann, erweist den historischen Primat des erstgenannten Begriffes vor dem von Bäuerle seit rund 20 Jahren postulierten Begriff des Österreichnationalismus.

Es ist freilich kein gutes Zeichen, daß solche Begriffsstreitigkeiten namentlich großstädtischen Bevölkerungsschichten völlig gleichgültig sind. Prof. Bäuerle müßte aber ein wenig mehr in die Bundesländer hinaushören.

Bäuerle bleibt — wie ihm schon früher von mir vorgehalten wurde

— den Beweis für seine These schuldig, daß die Mehrheit der österreichischen Staatsbürger denkt wie er.

So wenig die Viertelmillion Südtiroler deswegen der italienischen Nation angehören, weil sie italienische Staatsbürger sind, so wenig gehören sie allerdings auch einer österreichischen Nation an — obwohl die älteren Südtiroler geborene Österreicher sind.

Auch die wie immer zählbaren oder nicht zählbaren Kärntner Slowenen gehören laut Bekenntnisrecht

— so loyal sie meist zu Österreich als Staat und Heimat stehen mögen

— weder einer österreichischen, noch einer deutschen Nation an, sondern logischerweise der slowenischen, für die sie auch jenseits der Karawanken Sukkurs zu holen bemüht sind.

Wie kann man aber — wie Bäuerle — Deutsch mit Slowenisch,

Kroatisch und Ungarisch als Landessprachen einfach addieren, ohne die Mengenlehre auch nur im entferntesten zu berücksichtigen?

Mehrheiten erweisen sich in Demokratien durch Wahlen oder Zählungen. Eine solche Zählung ist in der nationalen Frage in Österreich aber nie erfolgt. Es gibt im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts wirklich wichtigere plebiszitäre Aufgaben. Wichtig erscheint mir, und dies müßte Prof. Bäuerle endlich beruhigen, das Staatsbewußtsein der Österreicher von heute.

Ich behaupte aber: das Kulturbewußtsein der meisten Österreicher ist nach wie vor deutsch. Dies wird durch Denkmäler in Wort und Stein ebenso belegt, wie durch jeden Wissenschaftler und jeden Burgschauspieler, der über den Inn zu uns gekommen ist, ohne als Fremder zu wirken.

In Ruh' lassen, Herr Bäuerle! Die Zukunft wird zeigen, was aus der Vergangenheit übernommen werden konnte!

Dr. Robert H ampel, Wien ★

Zum Leserbrief von Herrn Professor Karl Ludwig Bäuerle (FURCHE Nr. 3, vom 17. Jänner 1976) darf ich feststellen: „Studentenverbindungen der Freiheitlichen“, sollte damit ein parteipolitischer Begriff gemeint sein, gibt es nicht. Wohl aber gibt es waffenstudentische Korporationen oder national-freiheitliche Korporationen, wobei die Beifügungen Ausdruck einer Verbundenheit zu einem Erziehungsprinzip oder zu einer Weltanschauung sind. Die älteste, jetzt noch bestehende dieser Korporationen wurde im Jahre 1850 gegründet. Davon zu unterscheiden ist, daß die meisten Angehörigen dieser Korporationen in der Freiheitlichen Partei Österreichs ihre parlamentarische Vertretung sehen, da diese die einzige im österreichischen Nationalrat vertretene Partei ist, die sich in ihrem Parteiprogramm zur deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft bekennt.

Prof. Bäuerle verabsäumt es, klarzustellen, daß sein Nationsbegriff extrem staatsbezogen ist, während der im Deutschen übliche der ethnische Nationsbegriff ist. Der Begriff der „österreichischen Nation“ scheint erstmals vom Kommunisten Alfred Klahr im Aprilheft 1937 der KP-Monatsschrift „Weg und Ziel“ verwendet worden zu sein und wurde nach dem Jahre 1945 aus durchsichtigen opportunistischen Gründen von den durch die Besatzungsmächte zugelassenen politischen Parteien ÖVP, SPÖ und KPÖ übernommen. Trotzdem haben sich auch nach dem Jahre 1945 prominente österreichische Politiker, darunter Univ.-Prof. Dr. Gschnitzer, Dr. Koref, Dr. Gredler, Dr. Gorbach und Univ.-Prof. Dr. Koren in einzelnen Äußerungen zum deutschen Volkstum der Österreicher bekannt. Sollte sich der letzte Satz des zitierten Leserbriefes auch auf diese Politiker beziehen?

Als im Jahre 1941 Geborener finde ich jene chauvinistische Geisteshaltung unverständlich, die meint, Volkstum auf das Staatsgebiet beschränken zu müssen und die damit das Bestreben der west- und mitteleuropäischen Staaten zur größeren politischen Einheit erschwert.

Univ.-Prof. Dr. Werner Kuich,

Wien

*

Karl L. Bäuerle hat recht! Die Angaben des ORF in Angelegenheit der freiheitlichen Studentenbünde hätten richtig „deutschnational“ lauten müssen! Herr Bäuerle sorgt aber selbst nicht für die notwendige Klarheit. Seine Behauptung, daß die Mehrheit der Staatsbürger sich zur österreichischen Nation bekenne, die Deutschnationalen aber nicht, ist falsch und belebt die längst überwunden geglaubte Unklarheit betreffend den Begriff „Nation“ wieder, die nach 1945 soviel Haß und Verdächtigungen erzeugt hat.

Als einstiger ÖVP-Politiker muß Bäuerle wissen, daß gerade die der ÖVP nahestehenden Kroaten im Burgenland besonders national im Sinne des Volkstums sind, also national-kroatisch, was sich selbstverständlich ebensowenig wie die deutschnationale Einstellung, gegen den österreichischen Staat richtet. Daß die Magyaren im Burgenland, die Tschechen und Slowaken in Wien und Niederösterreich weniger

volksbewußt sind, als ihre Brüder und Schwestern hinter dem Eisernen Vorhang, ist kaum anzunehmen. Und daß die Slowenen ihr Volkstum mehr als deutlich kundtun (was ihnen niemand verwehrt!), müßte Bäuerle als Politiker eigentlich wissen; kennt er nicht die (amtlichen) Übersetzungen aus den slowenischen Zeitungen dies- und jenseits der Karawanken?

„Unklarheit der Begriffe ist von großer Schädlichkeit!“ sagte schon Goethe! Würde nicht immer wieder mit dem Begriff „Nation“ herumjongliert, gäbe es in der Frage „Österreich und seine Volksgruppen“ keine Unklarheiten.

Volkstreue und Staatstreue sind ohneweiters zu vereinbaren. Gerade wir volkstreuen Deutschen in Österreich treten besonders eifrig für eine wirkliche Unabhängigkeit unseres Staates ein. Die Tatsache, daß die österreichische (nichtdeutsche) Nation (im Sinne von Volk) dem Gehirn eines Kommunisten in der Zwischenkriegszeit entsprungen ist und von Chruschtschow anläßlich seines Besuches in Österreich mit viel Eifer gefördert wurde, wird jedem, der nicht politisch ein Naivling ist, die wahre Richtung dieser künstlichen Entwicklung anzeigen.

Alle Volkstreuen in Österreich, welchem Volk sie auch angehören, mögen nach dem Grundsatz leben: Ich liebe mein Volk — ich achte dein Volk! Dann werden die Hetzer ihre Arbeit einstellen müssen!

övp

Einer der wichtigsten Sätze zum Verständnis John Henry Kardinal Newmans (1801 bis 1890) und der Oxfordbewegung (1833 bis 1845) steht in dem Brief eines Univ.-Assi-stentenkollegen Newmans, der blitz-lichtartig die ganze Szene ausleuchtet. Der „Sub awspictis Promovent“ und Orientalistikaspirant Harrison, der die Traktarianer, wie die Männer der Oxfordbewegung genannt wurden, als ein für die eigene Karriere etwas zu riskantes Pferd betrachtete, aber vorbehaltloser Sympathisant, Mitarbeiter und auch Ratgeber war, meint am Schluß seines Briefes vom 3. September 1835 an Newman: „Rose wünscht Buchbesprechungen etwa _ von Knox, Jacob Abbott usw. in der Zeitschrift (.British Magazine', deren Redakteur Newman damals war). Aber ich nehme an, Du wirst es hintanhalten, bis die Theologie, die noch herauskommen muß, da ist.“

An diesen Sachverhalt erinnerte mich Dr. Magenschabs Leitartikel über die ÖVP in der FURCHE vom 17. Jänner. Man möge doch Doktor Taus und der ÖVP zugestehen, die neue eigene Linie herauszukristallisieren und man möge sie nicht auf

Kreisky-Besprechungen festzunageln versuchen.

Vielleicht sollten sich gescheite Redakteure nicht einfach vom Thema Doppelstrategie, Ernennung des Kanzlers zum Volksparteiler und Entlastungsaussendungen der SK einlullen lassen. Mir ist jedenfalls aufgefallen, daß kein einziger Journalist die Wandlung des Kanzlers bemerkt hat, der nichts dabei fand, mit Schulbüchern im Wert einer halben Milliarde die Mistkübel zu füllen und jetzt plötzlich, wie im Mittelalter, vor jeder Brücke und vor jedem Tunnel Maut kassieren möchte. Was ist mit dem Begriff Freizügigkeit und Liberalität? Um das Gegenteil von Freizügigkeit geht's doch auch beim gestörten Verhältnis der Regierungspartei zum Recht, zur wissenschaftlichen Forschung, reglementiert durch Numerus clausus und zur wirtschaftlichen Initiative. Oder? Ich konstatiere deshalb, daß es sich um eine Lethargie der Journalisten und nicht der ÖVP handelt. Andreas Zechner, Schwanberg

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