6976689-1985_48_38.jpg
Digital In Arbeit

Seefahrt tut not

Werbung
Werbung
Werbung

Demeter, die Wäscherin, tritt bei Kolumbus, dem Flickschuster,

„Schnitze mir ein Paar hölzerne Pantinen, die ich in der Waschküche tragen kann. Ich mag es nicht, wenn man beim Waschen achtsam sein muß, damit man keine nassen Füße bekommt. Das Waschen ist mir ein richtiges Fest. Es ist schön, zu sehen, wie das Schmutzige hell, das vom Schweiß Durchsäuerte duftend und alles wieder neu wird. Das muß ich planschen können nach Herzenslust!“

Kolumbus brummt, daß er gern jedem etwas am Lederzeug flik-ken wolle, aber schnitzen — mit Holz habe er nie etwas zu tun gehabt. Doch dann sieht er auf De-meters Arme und ihren braunen Hals, der so rund ist wie die Säulen in den alten Tempeln von Gottheiten, zu denen heute niemand mehr betet. Er sieht auf ihre Brüste, zwei Hemisphären unter einem dünnen Hemd, die zwei Hälften des Apfels, den Eva mit Adam teilte. Kolumbus lächelt.

„Du trägst beide Hälften der Welt stets bei dir.“

Demeter lächelt zurück: „Ja, die Welt ist rund.“

Kolumbus schnitzt an den Schuhen und träumt: Die Welt ist rund, wer fortgeht, der geht nicht verloren, er kommt rund um die Welt wieder heim. Man darf nicht immer geradlinig denken. Die Gerade, die lang genug ist, biegt sich zum Kreis ...

Er schnitzt zwei hölzerne Schuhe mit aufgebogenem Kiel, wie man sie in Holland trägt, wo es mehr Wasser als Land, mehr Schiffe als Schuhe geben soll. Kolumbus war nie in Holland. Lang ist es her, daß ein ganz neues Land entdeckt worden ist. Kolumbus schnitzt zwei Kähne und kann der Versuchung nicht widerstehen, einen kleinen Mast einzusetzen, und daran hißt er ein Segel aus rotem und grünem Leder.

Als Demeter in der Waschküche steht und die Boote an ihren Füßen das Wasser unter sich steigen fühlen, da beginnen sie sanft zu schaukeln, und als sie erstaunt den einen Schuh abstreift und sich hastig bückt, um ihn zu betrachten, da wirbelt vom Wehen ihrer sieben Unterröcke der Windhauch ins Segel, und der eine Kahn treibt davon.

„Kolumbus, halt? Wohin fährst du?“

„Leb wohl, Erde! Ich fahre zur See!“

„Was suchst du, Kolumbus?“

„Ich suche Indien. Wer Indien sucht - immer wird er ein Land entdecken. Wer den Himmel sucht, der findet erst wirklich die Erde.“

Auch Demeter träumt: Am Morgen ist der Garten im Geviert unseres Wohnblocks ein Meer. Die Männer rudern in Waschtrögen um das Haus, die Kinder schwimmen fröhlich in alten Bottichen und setzen papierene Boote aufs Wasser.

Die Fregatte des Kolumbus segelt feierlich aus dem offenen Tor durch die überschwemmte Straße und schießt dort in einem Rinnsal hinunter zum Strom. Jetzt ist Kolumbus, der Schuster, schon weit auf dem Meer. Er hat sogar seine Frau mitgenommen, das Unmögliche ist geschehen: Die Frau des braven Flickschusters hat Mut gefaßt zu den wildesten Abenteuern. Daß ein Ei auf der Spitze stehn kann, ist lang nicht so selten wie das Wunder der Freiheit, wie die Menschwerdung in unserer Zeit.

Gegen Abend fliegen die Möwen in unseren Garten ein und kreisen über versunkenen Wegen und Beeten und rasten auf unseren Bäumen.

Natürlich gibt es Leute im Haus, die sagen, die Wäscherin habe vergessen, den Hahn in der Waschküche abzudrehen. Die Hausverwaltung beschließt, die gedankenlose Person zu entlassen — wie kommen die ordentlichen Mitbewohner dazu?! Wohin sollte das führen, wenn jeder so unvernünftig wäre? Da hat man nur Scherereien.

Hilti Produktjonswerk, Thüringen

Seit jeher verbinden enge Beziehungen die liechtensteinische Hilti-Gruppe mit Österreich: Seit 30 Jahren besteht in Wien ein Tochterunternehmen, das für Beratung, Verkauf und Service unserer Produkte in allen Bundesländern zuständig ist, und seit 1970 unterhält Hilti in Thüringen ein Produktionswerk, das zu den modernsten metallverarbeitenden Betrieben in Westösterreich zählt.

Diese engen Beziehungen finden auch in der österreichischen Zahlungsbilanz ihren Niederschlag: Im Jahre 1984 ergab sich aus dem Geschäftsverkehr der Hilti-Gruppe mit Österreich ein Aktivposten von 394,7 Millionen Schilling zugunsten Österreichs. Die Gesamtinvestitionen, die unser Unternehmen seit 1970 in Österreich getätigt hat, belaufen sich auf 700 Millionen Schilling. 1100 Österreicher finden bei Hilti sichere und moderne Arbeitsplätze: in unserer Marktorganisation in Wien, in unserem Werk in Thüringen, als Grenzgänger in unseren Werken in Liechtenstein oder als Fachleute in einer der vielen Hilti-Or-ganisationen rund um den Erdball. Seit Jahren arbeiten darüberhinaus eine ganze Reihe sozialer und kultureller Institutionen, Schulen und Verbände in Vorarlberg mit unserer regelmässigen finanziellen Unterstützung.

Hilti - ein internationales Unternehmen mit guten Beziehungen zu Österreich.

Rudolf Henz

Rettung aus dem großen Gedichtzyklus 1985

Die Zeit überfällt den Alten, den Uberreifen, der im Ubermorgen sich eingenistet hat, den Verächter von Vorgestern. Wer hilft mir, steht mir bei? Wer hilft mir gegen mich selbst?

Die Kunst des Ubertünchens habe ich im Traumland verloren; die Farben der Poeten verschüttet.

Die Lüge, Wirklichkeiten mit gesuchten Worten zu verdecken, auch mein Spiegelbild mit jenen Farben zu übermalen, die ein barmherziger Gott den Dichtern schenkt.

Auch jungen, denkfrohen Freunden werden abgelaufene Wirklichkeiten zu Märchen.

Poetinnen, auch die Unerreichbaren, verstecken Reisepässe nach Traumländern in ihren

Schreibtischen, immer einen anderen in der Schultertasche! Die Flucht zu Büchern ist dem Halbblinden verwehrt, mit der Lupe zu lesen vermeide ich aus Angst. Bücher lügen meist mehr als die Tagesblätter.

Du weißt auch, was du vor dir hast.

Was sind die Rillen in einer Wachsplatte, einer abgespielten Hartplatte? Was findest du schon auf Tonbändern und Kassetten aus der noch tonbandlosen, grauen Vorzeit, wenn sie dazu noch schlecht gelagert, einem^schweifenden Magnetismus auch menschlicher Gehirne ausgesetzt, nur mehr obskure Geräusche produzieren?

Was all die alten, die neuen Medien, selbst Inschriften auf Grabsteinen, Kreuze auf Massengräbern, die Listen der in Todeslagern Vergasten, Verbrannten? Die Berichte Uberlebender, die Bekenntnise noch lebender, vor dem Henker verschonter

Massenmörder, gegen die tiefen, nicht abgebrauchten, auch von mir nicht zerstörbaren Rillen in meinem Gehirn?!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung