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„Das ist ja keine Kunstmesse, das ist ein Museum!“ staunten ausländische Kunsthändler, die im vergangenen Jahr zur 1. Wiener Internationalen Antiquitätenmesse pilgerten und hier für Museen und Privatsammler groß einkauften. Rekordumsätze in Höhe von mehreren Millionen Schilling spornten denn auch Österreichs Antiquitätenhändler an, heuer vom 13. bis 19. Mai in der Winterreitschule des Wiener Messepalastes ihre 2. Fachmesse abzuhalten. 20.000 Besucher zählte man 1971, mindestens ein Drittel mehr erwartet man diesmal.

„Sammlerherzen können höher schlagen“, verkündete Kommerzial-rat Otto vom Landesgremium der Antiquitätenhändler auf der Pressekonferenz: „Wir haben ein Jahr lang das Beste vom Besten gehamstert.“ Gezeigt werden kostbare Möbel, Kunstgewerbe, Teppiche (bis 1914), Militaria (bis 1918), Skulpturen (bis 1800). Jugendstilwerke werden auf Wunsch in einer gesonderten Koje präsentiert.

Tatsächlich ist es mit dieser Antiquitätenmesse gelungen, einen jahrzehntelangen ,3ann“ zu durchbrechen. Hatte doch Österreich (und vor allem Wien) zwar ein paar besonders prominente Kunsthändler, die international hervorragenden Ruf genießen (etwa die „Dynastien“ Hofstätter, Fornach, Herzig, Bednarzyk und so weiter), aber die Möglichkeiten, im internationalen Handel entscheidend mitzuspielen, schienen seit den dreißiger Jahren abgeschnitten. „Wien liegt für den Kunsthandel am Ende der Welt“, hatte noch ein Jahr vor der Ersten Antiquitätenmesse Dr. Wilhelm Mrazek, Direktor des Museums für angewandte Kunst, konstatiert: „Kein Geld, keine Kaufkraft, keine Attraktionen für Ausländer ...“

Das hat sich geändert: Geldentwertung, Währungsschwankungen im benachbarten Ausland, zunehmendes Repräsentationsbedürfnis neuer Schichten haben geradezu zur Flucht in die „alte Kunst“ geführt. Österreich ist zwar gewiß nicht mehr so „voll von alten Kunstschätzen“ wie nach 1918 oder noch selbst vor 1938, aber Wien wird neuerdings wieder ein wenig in den Kunsthandel einbezogen. Kunst und Geld fluktuieren. Ja, es ist sogar notwendig geworden, im Ausland einzukaufen, um die Käuferwünsche im Inland befriedigen zu können.

Das heißt natürlich nicht, daß Österreichs Händler finanziell in der Lage sind, bei den Superauktionen Sothebys in London oder Parke-Bernets in New York mitzuspielen oder sich zum Beispiel auf die Pariser Auktionen neuerer Kunst bei Maurice Rheims zu stürzen. Inter-nationele Spitzenwerke bleiben unerreichbar. Aber es werden immerhin erstklassige Werke, besonders solche, die ehemals in Österreich waren, jetzt zurückgekauft und ohne Schwierigkeiten hier weitergehandelt.

Von Anfang an waren Wiens Antiquitätenhändler übrigens bemüht, auf dieser Messe nur höchste Qualität zu zeigen: „Unsere Beurteilung des Angebotenen ist sehr streng, internationales Niveau Grundsatz. Wir garantieren selbstverständlich für die Echtheit aller Werke ...“, bestätigte zum Beispiel Dr. Wolfgang Hofstätter immer wieder: „Das sichert uns unseren hervorragenden Ruf!“ Und er deutet damit an, daß von dieser Messe all jene Händler ausgeschlossen bleiben, die ihre Geschäfte in nette antike Souvenirläden mit hübschem, altem Kiemkram verwandelt haben: „Zweifelhafte Geschäfte können wir uns nicht leisten.“

Für die Antiquitätenmesse gingen Wiens Händler übrigens bereits im Vorjahr mit ihren Preisen sogar ein bißchen „runter“: „Wir brauchen neue Kundenkreise, wir wollen die Jugend gewinnen. Wir haben deshalb auch für Leute mit kleinen Brieftaschen eine Menge guter Angebote. Vielleicht können wir damit sogar geschmacksbildend wirken. Indirekt .kapitalbildend' wirken wir bei diesen ständigen Preissteigerungen und bei der akut werdenden Verknappung des Antiquitätenangebots ohnedies!“

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