6798231-1971_20_14.jpg
Digital In Arbeit

Von der Freyung zur Hofburg

Werbung
Werbung
Werbung

In der Reihe der „Wiener Geschichtsbücher”, die vom Landeskonservator für Wien, Dr. Peter Pötschner, im Zsolnay-Verlag dankenswerterweise herausgegeben wird, sind zrwei neue Bände erschienen. Einer über die Freyung und einer über die Hofburg. Die Freyung ist heute noch einer der schönsten Plätze Wiens, an dem weder die Bauwut des 19. Jahrhunderts, noch die Bomben des 20. Jahrhunderts allzuviel Schaden anrichten konnten. Den Namen erhielt dieser Platz nach dem Asylrecht des Schottenklosters, das der erste Herzog von Österreich, Heinrich Jasomirgott im 12. Jahrhundert noch vor den Toren Wiens gründete und mit irischen Mönchen besiedelte, die dann bis ins 15. Jahrhundert den Konvent immer wieder zuströmten. Ursprünglich eine Durchzugsstraße, gelegen an der alten römischen Limesstraße, wurde dieser Ort bald zu einem der schönsten Plätze Wiens, den besonders die Barockzeit mit vielen schönen Gebäuden schmückte. Leider gehen die meisten Besucher achtlos an den steinernen Denkmälern dieses Platzes vorbei. Wer denkt schon an Wallenstein, wenn er das Harrach-Palais passiert? Denn die Gattin Wallensteins war eine Harrach und der Generalissimus des Dreißigjährigen Krieges weilte in diesem Haus zu Gast. Wer denkt schon an den Sieger von Kolin, Feldmarschall Daun, der das spätere Palais Kinsky erbaute? Wer denkt an den berühmten Ferstel, wenn er an der Ruine der alten Börse vorbeigöbt? Wer denkt über haupt beim Überschreiten dieses Platzes, daß er über einen der größten Friedhöfe Wiens geht, denn nicht nur befand sich um die Schotten kirche ein großer Friedhof, sonder während der Türkenbelagerun wurden hier Hunderte und abe Hunderte von Gefallenen beerdig Jeder Freund der Wiener Geschieh! wird deshalb der Verfasserin, Fra Dr. Hertha Wohlrab, vom Wien« Landesarchiv, dankbar sein, daß c nun an Hand ihres Führers jeden so historisch getränkten Winkel dieses Platzes betrachten kann.

Nicht minder gelungen ist der Band über die Wiener Hofburg, herausgegeben von Dr. Harry Kühnei, Museumsdirektor in Krems und Initiator der Kremser Kunstausstellungen. Die Wiener Hofburg ist ein ungeheurer Gebäudekomplex, an dem fast jedes Zeitalter baute und den fast jeder Herrscher erweiterte. Der erste Bauherr war Przemysl Ottokar II. von Böhmen, der eine Zeitlang auch Herzog von Österreich, Steiermark und Krain gewesen ist. Und ihm folgte eine ununterbrochene Anzahl von Bauherren, die erst mit Franz Joseph endigte. Die Hofburg ist nicht nur ein lebendiges Lehrbuch der Stilarten, sondern auch ein lebendiges Lehrbuch der Geschichte, wurde doch in ihren Mauern nicht nur Geschichte gemacht, sondern auch eine halbe Welt regiert. Wer das Schweizer Tor passiert, kann hier lesen, daß sich Ferdinand I., der Bruder des Weltherrschers Karl V., noch stolz nicht nur als Erzherzog von Österreich, König von Böhmen und König von Ungarn, sondern auch als König von Deutschland, Infant von Spanien und Herzog von Burgund bezeichnete. Und von der alten Reichskanzlei, die Karl VI. erbaute, blickt nicht nur das Wappen Österreichs, sondern auch Kastiliens herunter, vereint unter der römischen Kaiserkrone.

Mit Spannung kann der Freund der Wiener Geschichte die nächsten Bände dieser Reihe erwarten.

DIE FREYUNG. Von Hertha Wohlrab. Paul Zsolnay, Wien. 116 Seiten, 16 Abbildungen. S 120.—.

DIE HOFBURG. Von Harry Kühnei. Paul Zsolnay, Wien. 136 Seiten, 19 Abbildungen. S 120.—.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung