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„Wozzeck“ Requiem

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Wotan wechselte nun auch an der Wiener Staatsoper über zu Wozzeck: ein Ereignis für alle, die Theo Adam schätzen. Allerdings gibt Adam auch in dieser Partei seinen Hang zur intellektuell gefilterten Darstellung nicht auf. Man hat nun viel eher den Eindruck, einen Zwangsneurotiker, einen sich selbst zerfleischenden Wozzeck, vor sich zu haben, denn eine gedemütigte getriebene Kreatur, wenn dieser so „die Natur kommt…“ Voll entschädigt er als Sänger: Seinem dunkel timbrierten, vollen Bariton mangelt es keinen Moment an Klarheit der Diktion und Intensität des Ausdrucks. Den von Berg nur punktuell angedeuteten Bogen einer rasanten Entwicklung, die in den Abgrund führt, realisiert er, wenn schon nicht als Darsteller, so doch stimmlich sehr überzeugend. Gisela Schröter aus Dresden kam als ihm wohlvertraute Marie erstmals an die Staatsoper, wo sie im nächsten Jahr zehn Abende singen wird: Kein Sopran wie Berg ihn für die Marie vorschreibt, aber ein runder, fülliger Mezzo, kultiviert geführt, mit kräftiger Mitte. In der Höhe klingt die Stimme allerdings gelegentlich durch Unsicherheit getrübt. — Sonst: eine nicht unbedingt hörenswerte Aufführung, an deren Grau-in-grau-Langeweile der Dirigent Berislav Klobucar und das Orchester ebenso schuld waren wie die gesamte Besetzung.

Carl Melles dirigierte im Internationalen Orchester- und Chorzyklus im Musikverein Brahms’ „Deutsches Requiem“: Innige, trostreiche Zuversicht ist die Grundstimmung des in mehr als einem Jahrzehnt „wie ein Baum“ gewachsenen Werks. Melles hat die Atmosphäre, in der volksliedhafte Schlichte domi niert, großzügig in allen sieben Sätzen ausgebreitet. Trotz breitangelegter Steigerungen und dramatischer Ballungen wie im Unisono- Chor „Denn alles Fleisch“, in der großen Chorfuge „Der Gerechten Seelen“ oder in den apokalyptischen Enthüllungen des Baritons dominierten eher zurückgehaltene Tempi, klare Linien, verhaltene Lyrik. Nicht recht ausgeglichen waren die Leistungen des Singvereins (Einstudierung: Helmuth Froschąuer), der vor allem in den Sopranen wenig homogen klang. Korrekt die Wiener Symphoniker. Die Solopartien wurden von der jungen Schweizerin Edith Mathis, einem schön tragenden, schlanken Sopran, und dem Kölner Wolfgang Anheisser betreut, dessen Bariton indes im Piano in allen Lagen gleich fahl und ausdrucksarm, im Forte nur metallisch hart klang.

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