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Budapest und Wien

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Am 7. Oktober dieses Jahres wird auf Schloß Matonvasar, etwa 30 km von Budapest, eine historische Beethoven-Feier stattfinden. Wir erinnern uns: im Mai 1799 war die Gräfin Bruns-vick nach Wien gekommen, um ihre Töchter Therese und Josephine in die Gesellschaft einzuführen. Beethoven wurde als Klavierlehrer gewonnen und zum Besuch auf Schloß Matonvasar eingeladen, das die energische (damals schon verwitwete Gräfin) „zu einem Paradies umgeschaffen“ hatte, wie Therese in ihren

Memoiren erzählt. „Damals war mit Beethoven die herzlich innige Freundschaft geschlossen, die bis an sein Lebensende dauerte. Er kam nach Ofen, er kam nach Martonvasar, er wurde in unsere Sozietätsrepublik von auserlesenen Menschen aufgenommen.“ Für die Schwester schrieb Beethoven das „Lied mit Veränderungen zu vier Händen“, deren Bruder widmete er die „Appa-sionata“, an eine von ihnen richtete er wahrscheinlich die Briefe „an die unsterbliche Geliebte“.

All das bietet Anlaß genug, Beethovens in Llngarn zu gedenken und ihn — und ein wenig auch sich selbst — zu feiern. Um diese Festivität vorzubereiten und Wiener Musikfreunde dazu einzuladen, _ setzte sich die Ungarische Philharmonie mit der Wiener Beethoven-Gesellschaft und mit dem „Institut für Internationale Beziehungen“ in Verbindung und entsandte ihren Direktor, der vor einem Kreis geladener Pressevertreter folgendes erklärte:

„Nach den Jahren des kalten Krieges sind wir heute in Budapest glücklich darüber, mit Oesterreich wieder in engere Beziehungen treten zu können. Während der letzten 50 Jahre vor diesem letzten großen Krieg waren einige der osteuropäischen Staaten, wie zum Beispiel Rumänien und Jugoslawien, kulturell mehr nach Frankreich ausgerichtet. Wir Ungarn haben uns immer Oesterreich nahe gefühlt, nicht nur geographisch, und Haydn und Mozart, Beethoven und Brahms, die ja auch .deutsche' Meister sind, haben wir immer als Wiener Komponisten betrachtet. Besonders aber möchte ich des großen Wiener Operndirektors Gustav Mahler und seines segensreichen Wirkens an der Budapester Oper gedenken, wovon mir noch mein Vater erzählt hat. Die ungarischen Melodien in den Werken der Wiener Meister, die zahlreichen Sänger ungarischer Herkunft, die an der Wiener Staatsoper berühmt wurden — Sie alle kennen das so gut wie ich! Nun soll, nach langer Pause, der kulturelle Austausch wieder beginnen: Gastspiele von Wiener Musikern sind für die kommende Spielzeit in Budapest vorgesehen, unsere Philharmonie wird eine Reihe von Konzerten in Oesterreich geben, davon drei in Wien ... Heute ist die Situation so, daß wir einen ,Ueberschuß' junger Talente haben. Diese sollen, das ist unser Wunsch, ihren Start wieder in Wien machen, so wie in früheren Zeiten.“

Wir registrieren diese Stimme eines Mannes (äußerlich der Typ des altösterreichischen Kulturbeamten), der in offizieller Mission hierhergekommen ist. Mag das eine oder andere Wort auch im Zeichen der Koexistenz gesprochen worden sein: der Ton macht die Musik. Und dieser Ton verdient unsere Aufmerksamkeit.

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