Wadani

Richard Wadani gestorben: Österreichs bester Kamerad

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Wehrmachtsdeserteur und Ehrenobmann des Personenkomitees „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“ Richard Wadani starb im Alter von 97 Jahren.

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Wehrmachtsdeserteur und Ehrenobmann des Personenkomitees „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“ Richard Wadani starb im Alter von 97 Jahren.

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Der Herrgott hing in seinem Winkel überm Esstisch, und links und rechts von ihm hingen die Soldatenfotos der gefallenen Väter, Söhne, Onkel. Das war so in Österreich. Eine Bäuerin im Ort hatte drei Söhne im Zweiten Weltkrieg verloren. Dieses Leid konnte sie leichter ertragen, wurde über sie erzählt, als wäre einer ihrer Buben desertiert. So war das in Österreich. Die schönsten Begräbnisse waren die, wenn ein Kriegsveteran zu Grabe getragen wurde, wenn der Kameradschaftsbund in Kompaniestärke ausrückte und „Der gute Kamerad“ gesungen wurde. So war Österreich.

Man muss sich dieses nicht so lange zurückliegende Österreich in Erinnerung rufen, um zu ermessen, wer Richard Wadani war. Man muss an dieses nicht so weit entfernte Österreich denken, in dem das Kriegsende nicht „Befreiung“ hieß, sondern „Wir haben den Krieg verloren“, um zu begreifen, was Richard Wadani leistete, indem er den falschen Gehorsam verweigerte.

1922 als Sohn österreichischer Eltern in Prag geboren, wurde er 1939 zur Wehrmacht eingezogen. Heute wird über ihn gesagt: „Er hatte den Mut, sich dem Strom der Zeit zu widersetzen und getreu seinen eigenen Überzeugungen zu handeln.“ Damals bedeutete nicht für Hitler zu kämpfen, der Feind in den eigenen Reihen zu sein. 1942 scheiterte sein erster Versuch zu desertieren. 1944 gelang es ihm, die Fronten zu wechseln und in der tschechoslowakischen Exilarmee gegen die Wehrmacht zu kämpfen. Der Krieg war im Frühjahr 1945 vorbei, Wadanis Kampf gegen die Heldenmythen, die Verbrechen und das Unrecht von damals ging aber weiter.

Bis in den Herbst 2014, bis auf dem Wiener Ballhausplatz das Deserteursdenkmal eröffnet wurde und die Verfolgten der NS-Militärjustiz die ihnen zustehende Anerkennung erhielten. „Ich werde, wenn ich in die Hofburg fahre und auf das Denkmal schaue, an Richard Wadani denken“, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Reaktion auf Wadanis Tod am 19. April. Viele sollen es ihm gleichtun, wenn sie an dem liegenden „X“ vorbeikommen. Dieses „X“ steht für Gerechtigkeit, es steht für Richard Wadani, es steht für Österreich.

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