Ein Existenzminimum für die Kinder

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Die krisenbedingte Spardebatte mitsamt Konflikten erreicht die Familien. Konfrontation um Fonds-Sanierung, Finanzierungen und Absetzbeträge.

Alfred Trendl kommt rasch zur Sache. Österreich sei ein "sehr guter Platz, um Kinder zu haben“, sagt der Präsident des Katholischen Familienverbandes. Aber "es gibt Ungerechtigkeiten, die gehören aufgezeigt und beseitigt“. Tatsächlich ist in diesen Tagen ein neue, mit Statistiken und Studien unterfütterte Debatte um die Gelder für Familien geradezu ausgebrochen. Das hat wohl auch mit unterschiedlichen Weltanschauungen und Lebensentwürfen zu tun, aber der harte Kern dreht sich um Geld.

So rügt der Familienverband die mangelnde Valorisierung der Familienleistungen, fordert deren Anpassung an die Geldentwertung. Das Kinderbetreuungsgeld sei vor zehn Jahren eingeführt worden, unverändert geblieben - "und da beträgt der Wertverlust rund ein Viertel“. Zudem würden die Unterhaltspflichten von Eltern im Steuerrecht zu wenig berücksichtigt werden: "Die Steuerpflichtigen mit und ohne Kinder werden nahezu gleich behandelt.“ Die einschlägigen Absetzbeträge müssten, so Trendl, höher festgesetzt werden. Wie hoch, werde im Katholischen Familienverband gerade berechnet. So wie es ein Existenzminimum für den einzelnen Erwachsenen gebe, so sollte ein abgestufter Satz für eine Steuerfreistellung für Eltern mit Unterhaltspflichten geschaffen werden. Das entspräche, wie Vizepräsidentin Irene Kernthaler-Moser argumentiert, einer "Mindestsicherung für Kinder“.

Neue steuerliche Regeln

Neue steuerliche Vorteile für Familien sind zwar nicht in Sicht, doch die Debatte um die Beseitigung bestehender hat schon eingesetzt. Staatsekretär Andreas Schieder (SPÖ) etwa schlug in Interviews vor, die Absetzbarkeit der Kosten für Kinderbetreuung abzuschaffen. Anlass dafür war ihm die Kritik des Unabhängigen Finanzsenates, dass Empfänger des Betreuungsgeldes nicht ausreichend qualifiziert seien. Besser sei es daher so Schieder, die dafür vorgesehenen öffentlichen Gelder durch "intelligente Umschichtung“ für eine "qualitativ hochwertige Kinderbetreuung“ einzusetzen. Die Umwandlung in eine Sachleistung komme breiteren Bevölkerungsschichten zugute, da die Vorteile der Absetzbarkeit erst bei höheren Einkommen wirkten. Als Schieder sich weiters gegen die Valorisierung von Familienförderungen aussprach, kamen aus dem Finanzministerium und dem Familienministerium Stoppsignale.

Wolle man den Österreichern Mut zum Kind machen, dann dürfe man nicht ständig die Gesetzeslage verändern, meinte Reinhold Mitterlehner, Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, sei es auch erforderlich, die außerinstitutionelle Kinderbetreuung zu fördern. Zudem seien seit 2008 nahezu 25.000 neue Plätze in Betreuungseinrichtungen geschaffen worden. Die Kofinanzierung dieser Initiative des Familienministeriums durch die Länder sei verlängert worden, bis 2014 würden jährlich weitere 5000 Plätze geschaffen werden, so Mitterlehner. Der Schwerpunkt dieser Offensive liege bei den unter drei Jahre alten Kindern, da hier - wie Zahlen der Statistik Austria zeigten - der größte Bedarf bestehe.

Reparatur des Familienfonds

In eine ziemliche Schieflage geriet in den letzten Jahren der Familienlastenausgleichsfonds. Für seine Gründung und Finanzierung verzichteten Arbeitnehmer in den Fünfziger Jahren auf Lohnerhöhungen, die Dienstgeber zahlten sechs Prozent der Lohnsumme in den Familienlastenausgleichsfonds. Inzwischen wurde dieser Beitrag zugunsten der Pensionsversicherung auf 4,5 Prozent gesenkt, der Fonds mit anderen Zahlungen belastet sowie über Gebühr strapaziert, wie Trendl moniert: Für die Schülerfreifahrten refundiere der Fonds den Verkehrsverbünden die vollen anstelle der ermäßigten Fahrscheinkosten.

Die Ausgaben des Familienlastenausgleichsfonds mit heuer 6,2 Milliarden Euro übersteigen die bei knapp über 6 Milliarden Euro liegenden Einnahmen. Das zuständigen Familienministerium setzt Korrektur auf die Agenda.

Auf Basis einer aktuellen IHS-Studie sollen die Leistungen des Fonds auf ihre Familienrelevanz hin überprüft werden. Zu den nur "bedingt familienrelevanten Leistungen“ zählten, so das IHS, etwa die Mutter-Kind-Pass-Untersuchung, uneinbringliche Unterhaltsvorschüsse oder die Unfallversicherung von Schülern. Die Gebietskörperschaften ersparten sich weiters zulasten des Fonds 280 Millionen Euro, da die Beamten zwar alle Leistungen des Fonds erhielten, ihr Dienstgeber aber nur diese und nicht den vollen Dienstgeberbeitrag - wie Unternehmen - bezahle. Rund 800 Millionen Euro überweise der Fonds zudem an die Pensionsversicherung, beanstandet Trendl.

Ehe ein so großes Reparaturvorhaben wie jenes des Fonds aufgenommen werden konnte, trat dieser Tage ein kleineres auf: Für das Karenzgeld wurden fünf Varianten eingeführt, für die zudem drei unterschiedliche Grenzen zulässigen Zuverdienstes vorgesehen sind. Das gilt selbst Experten als kompliziert, doch Trendl ist gegen überstürzte Gesetzesänderung: Familien brauchen Verlässlichkeit, Kinder habe man viele Jahre.

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