Erzabt Korbinian - © Foto: Ordensge­­­meinschaften / Magdalena Schauer

Erzabt Korbinian Birnbacher: „Wird uns noch lange begleiten“

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Korbinian Birnbacher ist Erzabt des Benediktinerstiftes St. Peter in Salzburg. Seit Kurzem leitet er auch die „Österreichische Ordenskonferenz“, das Dach der Männer- und Frauenorden.

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Korbinian Birnbacher ist Erzabt des Benediktinerstiftes St. Peter in Salzburg. Seit Kurzem leitet er auch die „Österreichische Ordenskonferenz“, das Dach der Männer- und Frauenorden.

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Vor zehn Jahren, am 9. März 2010, trat sein Vorgänger wegen sexuellen Missbrauchs zurück. Seit 2013 – nach drei abtlosen Jahren – leitet Korbinian Birnbacher die Erzabtei St. Peter in Salzburg, das älteste Benediktinerkloster im deutschen Sprachraum.

DIE FURCHE: Das Thema Missbrauch lässt die katholische Kirche 25 Jahre nach der Affäre Groër längst nicht los. Auch Ihr Konvent war davon betroffen. Wie kommt die Kirche aus dieser Krise heraus?
Erzabt Korbinian Birnbacher OSB: Die Opfer, die Betroffenen, die wir in erster Linie im Blick haben müssen, sind noch da. Sie leiden immer noch. Es muss un­sere erste Bewährungsprobe sein, dass wir ihnen glaubwürdig helfen, so weit es eben geht. Missbrauch ist ein schwerwiegendes Unrecht, und es ist gewiss nicht so, dass die Kirche das mehr oder weniger „angeordnet“ hat. Das Problem liegt vielmehr darin, dass sie mit diesen Fragen völlig überfordert war. In einer Theo­logie, in der alles so perfekt geordnet war, ist leider diese dunk­le Seite – der Machtmissbrauch, der geistliche Missbrauch, der sexuelle Missbrauch – nicht vorgekommen. Man hat sich teils sehr geschämt, und wenn dann etwas pub­lik geworden ist, hat man unangemessen reagiert. Leider hat man viel mehr die Fassade der Kirche geschützt und die Täter, als dass man die Opfer und die Be­troffenen im Blick gehabt hätte. Gott sei Dank hat sich vieles gewandelt, wir sind noch immer dran, etwa in der Unabhängigen Opferschutzkommission, …

DIE FURCHE: … die vor genau zehn Jahren eingesetzt wurde …
Birnbacher: … Wege einer Anerkennung zu finden und eine gewisse Form von Schmerzensgeld zu gewähren. Ich habe auch immer gesagt, das kann nicht eine Kleinigkeit sein, das muss uns auch weh tun, denn es hat ja auch den Opfern weh getan. Da sind wir auf dem Weg, aber es ist nach 25 Jahren längst nicht endgültig beantwortet und geklärt. Es wird da wohl noch die eine oder andere „Über­raschung“ geben. Was wir unter keinen Umständen tun dürfen, ist, abschließend zu sagen: Jetzt hat jeder die Gelegenheit gehabt, seinen Fall vorzutragen, und jetzt ist Schluss. Das wäre fatal, weil ich von Betroffenen weiß, wie lange es tatsächlich braucht, dass man überhaupt einmal reden kann. Es ist die Folge einer sich sehr mächtig fühlenden Kirche. Kirchliche Räume – Kirchen, Kathedralen, Klöster – sollten hinter ihren Mauern eigentlich Schutzraum bieten, sind tatsächlich aber leider auch zu Tatorten geworden. Aber ich möchte auch sagen, dass Missbrauch – wie man heute auch weiß – tatsächlich ein gesamtgesell­schaftliches Problem ist.

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