Im "Weißbuch für Erneuerbare Energieträger" wird das Ziel der Europäischen Union klar formuliert: Verdoppelung des bisherigen Anteils erneuerbarer Energieträger am Bruttogesamtenergieverbauch der EU von bisher sechs auf zwölf Prozent im Jahr 2010. Erneuerbare Energieträger leisten einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Reduktion. Durch die Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energien auf zwölf Prozent des Bruttoenergieverbrauchs der Union können Emissionen von 402 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden.
Schon im "Grünbuch" (der "legistischen Entwicklungsstufe" vor dem Weißbuch) hat die Kommission festgestellt, daß im Energiesektor fünfmal so viele Menschen Beschäftigung finden, wenn man auf Erneuerbare Energieträger umsteigt. Bis jetzt wurden durch den Windenergiesektor in Europa schon über 30.000 Arbeitsplätze geschaffen.
Besonders vorteilhaft ist, daß Arbeitsplätze unterschiedlicher Qualitäten und Art geschaffen werden: Rohmaterialerzeugung bei der Biomasse, Betrieb und Wartung bei der Photovoltaik ... Insgesamt prognostiziert eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie für 2010 netto 500.000 neue Arbeitsplätze, die unmittelbar im Bereich der erneuerbaren Energien oder mittelbar im Zulieferbereich durch die Umsetzung des Weißbuch-Ziels geschaffen werden können.
500.000 zusätzliche Arbeitsplätze bis 2010 Erneuerbare Energieträger nutzbar zu machen, bedeutet ein enormes Wachstumspotential für die europäische Industrie auf den Weltmärkten: Die EU-Kommission prognostiziert für 2010 eine jährliche Exportleistung von 17 Milliarden Euro (236,3 Milliarden Schilling), wodurch zusätzlich bis zu 350.000 Arbeitsplätze geschaffen werden können.
Fossile Brennstoffe sind hochwertige Rohstoffe, die so viel sinnvoller eingesetzt werden könnten, als auf "steinzeitliche Art" durch Verbrennen. Nutzen wir die unerschöpflichen Kräfte der Sonne, so können wir die verbleibenden Reste dieser hochwertigen Rohstoffe einer viel sinnvolleren Nutzung zuführen. Ein weiterer Effekt kommt noch dazu: Menschen, die sich entschieden haben, erneuerbare Energieträger zu nutzen, verwenden Energie bewußter. Der Bedarf sinkt automatisch.
Auch der Aspekt der Friedenssicherung ist von besonderer Bedeutung. Es ist erschreckend, wieviel "Blut für Öl" in unserem Jahrhundert vergossen wurde und wird. Wir haben jetzt die Chance, zu einer Friedensordnung für das 21. Jahrhundert beizutragen. Uns muß bewußt sein, daß jedes Solardach, jede Biomasseanlage dazu beiträgt, uns unabhängiger zu machen und in logischer Folge unsere Begehrlichkeiten auf die ressourcenreichen Gebiete der Erde, die ja nicht zufällig Dauerkriegsschauplätze sind, wie der persische Golf, Teile Afrikas und zu guter Letzt auch der Kaukasus, zu verringern.
Dazu eine Zahl der EU-Kommission: Die europäische Importabhängigkeit am Primärenergiesektor beträgt derzeit 50 Prozent, sie wird sich, bei Beibehaltung des bisherigen Systems in den nächsten 25 Jahren auf 70 Prozent erhöhen. Das heißt: Wir müssen, um unseren Normalbetrieb aufrecht erhalten zu können, fast drei Viertel unserer Energie importieren. Und das aus den klassischen Krisengebieten der Erde, die von Regierungen gelenkt werden, die ankündigen, jederzeit bereit zu sein, Erdölwaffen wieder einzusetzen.
Der Autor ist Mitglied des Europa-Parlaments. Beide Beiträge auf dieser Seite sind Kurzfassungen von Vorträgen, die am "Solartag 1999" - einer Veranstaltung der "Oberösterreichischen Umweltakademie" - in Linz gehalten worden sind.
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