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Das Recht auf Bildung ist mit der Pflicht zur Leistung verbunden

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Fast war man versucht, zu applaudieren, als Zukunftsminister Rudolf Schölten und ÖVP-Wissenschaftssprecher Dieter Lukesch ihre Pläne für eine Studieneingangsphase präsentierten - denn schließlich zeigte sich Bewegung. Daß allein dies fast schon ein Grund für Lob ist, entpuppt sich als tragischer Beleg für eine jahrzehntelange bildungspolitische Reformhemmung drastischen Ausmaßes.

Seit Ende der siebziger Jahre bleiben die großen Entwürfe komplett aus. Ein unüberschaubares Flickwerk der Marke „Husch-Pfusch & Laissez-faire" machte sich dort breit, wo klare politische Vorgaben gefragt wären. Unter dem Diktat der leeren Kassen bricht nun das Flickwerk auseinander, werden die Fugen brüchig.

Die Fakten sind allgemein bekannt: zu lange Studienzeiten, zu hohe Drop-out-Raten (53 Prozent der Inskribienten beenden ihr studentisches Vorhaben nicht), jährlich bleibt ein Fünftel der 379 heimischen Studienrichtungen ohne Absolventen. Daß das System krankt, ist offensichtlich. Aber kann eine Studieneingangsphase hier Abhilfe leisten?

Ich denke, ja - in bedingtem Ausmaß. Wir haben hier nicht das Allheilmittel zur Rehebung der Universitätsmisere gefunden. Die besonnenen Kräfte innerhalb der Österreichischen Hochschülerschaft (ja, es gibt sie!) fordern allerdings seit langem, daß dem Studieneinsteiger mehr Orientierung gegeben werden muß. Während also bereits in der Schule eine breit angelegte Berufsund Bildungsberatung zu erfolgen hätte, ist es auch sinnvoll und nottuend, daß die Studierenden sehr bald zu Studienbeginn mit den Kerninhalten ihres Faches und den spezifischen Berufsbildern konfrontiert werden.

Wir Studierende sollen wissen, womit wir es zu tun haben. Denn es kann wohl nicht wünschenswert sein, daß beispielsweise ein BWL-Student, oder eine BWL-Studentin, die ersten vier Semester damit zubringt, aus Soziologie, Becht, Fremdsprachen und Mathematik Prüfungen abzulegen und Zeugnisse zu erwerben, um im fünften Semester beim ersten Kontakt mit der Kernmaterie festzustellen, daß eigentlich kein Interesse für betriebswirtschaftliche Inhalte besteht. Hier muß angesetzt werden; wobei sich die Notwendigkeit der Orientierungsphase bei verschiedenen Studien mit unterschiedlicher Heftigkeit und in jeweils spezifischer Form ergibt. Aus exakt diesem Grund ist es wichtig, daß über eine konkrete Gestaltung der Studieneingangsphase die einzelnen Studienkommissionen individuell und vor Ort entscheiden sollen.

Die Antwort auf die „ge-scholte-nen Lukesch'schen An- beziehungsweise Vorschläge" lautet also: Es kommt darauf an, was man daraus macht. Ob wir das Kind nun Knockout, Knockin oder Go-on-Prüfung nennen, erweist sich auf den ersten Blick als bloßer Etikettenstreit. Doch dahinter verbirgt sich mehr, nämlich • die Frage nach der grundsätzlichen Ausrichtung einer solchen Eingangsphase. Und hierbei darf es sich weder um ein brutales Wegprüfen von Studierenden handeln, noch um die Zwischenschaltung von willkürlichen Schikanen als undifferenziertes, quasi-ordnungspolitisches Instrument. Sinnvoll ausgestaltet jedoch könnte eine Orientierungsphase die Treffsicherheit bei der Studienwahl erhöhen und die Drop-out-Baten senken.

Ist letzteres der Wille, so werden wir auch um eine entsprechende Leistungsfeststellung nicht umhin kommen. Es hat sich in gewissen Kreisen - vor allem in den linksfixierten Fraktionen der Hochschülerschaft - ein pseudohumanistischer Bildurigsbegriff herausgebildet, der Leistung gleichsam verabscheut. Hierfür habe ich keinerlei Verständnis. Bildung ist ein Bürgerrecht, aber als solches ist es auch mit Pflichten verbunden; die Studierenden sollen in Zukunft verstärkt zu Konsequenz und Leistungsbereitschaft angehalten werden. Ks geht um die Zuweisung von öffentlichen Mitteln - ein knappes Gut, dessen Verwendung im Sinne des universitären Auftrages effizient zu erfolgen hat. Doch das birgt nicht allein marktwirtschaftliche Aspekte.

Der Autor ist

Vorsitzender des Hauptausschusses der Osterreichischen llochschülerschaft an der Universität Innsbruck und Mitglied der ÖVP-nahen AktionsGetncinschaft.

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