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Den Kritikern der neuen Liturgie

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Das Ziel der Liturgiereform ist eine Vertiefung des christlichen Lebens unter den Gläubigen. Die Liturgiekonstitution betont das ausdrücklich (Nr. 1). Das Werk der „Erneuerung der Liturgie gilt mit Recht als ein Zeichen für die Fügungen der göttlichen Vorsehung über unserer Zeit, gleichsam als ein Hindurchgehen des Heiligen Geistes durch Seine Kirche; Er gibt ihrem Leben, ja dem gesamten religiösen Fühlen und Handeln unserer Zeit eine eigene Note“ (Nr. 43). Eine so tiefgreifende, bis in die Bereiche von Lebensgefühl und Haltung reichende Uniwandlung ist nicht möglich ohne ernste Auseinandersetzung und hat zunächst auch befremdende Erschütterungen im Gefüge vertrauter Gewohnheiten zur Folge. Für manchen ist die Umstellung schmerzlich, und auch der Seelsorger muß es in Kauf nehmen, daß seine priesterlichen Dienste nun noch mehr Sorgfalt und Vorbereitung erfordern.

Dennoch besteht auch Grund zur Freude. Die Schwierigkeiten und Ärgerlichkeiten nimmt man gern in Kauf, weil es sichtbar wird, daß die Kirche weiter geworden ist. Die starre Einheitlichkeit der lateinischen Form (vgl. Konstitution Nummer 37) ist zugunsten der Vielfalt der Landessprachen gefallen. Der neue Ritus läßt eine noch größere Vielfalt der Formen zu. Entscheidend ist, daß die Messe als gemeinsame Feier verstanden und begangen wird und nicht mehr wie eine private Frömimigkeitsübung des einzelnen. Die wesentlichen Züge des Kultes kämmen nun deutlicher zur Geltung. Wie der Heilige Vater in einer Generalaudienz am 13. Jänner erklärte, ist es das Streben der Kirche, mutig, aber mit Bedacht, die wesentliche Bedeutung und den übernatürlichen Wert des kirchlichen Kultes zu vertiefen, indem sie vor allem auch die Funktion deutlicher hervorhebt, die das Wort Gottes darin einnimmt.

Manche haben Angel vor dieser neuen Weite der Kirche. Manchen kommt alles zu überraschend. Die Kirche rechnet mit diesen Schwierigkeiten. Bei aller Entschiedenheit, mit der nun die Durchführung der Konzilsbeschlüsse erfolgt, will sie großes Entgegenkommen zeigen. Das drückt sich in verschiedenen Maßnahmen aus. Zunächst wird der Übergang zur neuen Meßform nur schrittweise durchgeführt. Ein erster Schritt war schon im vergangenen Jahr erfolgt mit der Einführung der Muttersprache für Lesung und Evangelium. Dann wurde das Amen der Gläubigen bei der Kommunionspendung eingeführt. Jetzt wird der neue Meßritus eingeführt und der lebenden Sprache ein größerer Raum gewährt. Weitere Umstellungen, vor allem in der Ordnung der Lesungen, werden im Laufe der nächsten Jahre noch folgen.

Die grundsätzliche Bevorzugung der gemeinschaftlichen Kultfeier (Konstitution Nr. 27) wird auch die Konzelebration bringen. Das hat vor allem für die Klosterkirchen mit vielen Patres Bedeutung. Aber auch hier bleibt die Freiheit, unter gewissen Bedingungen (Konstitution Nr. 52, Paragraph 2, 2) nach wie vor einzeln zu zelebrieren. Ähnliche Weite lassen die Bestimmungen über die räumliche Einrichtung. Die Anordnungen der Instructio lassen verschiedene Möglichkeiten offen. Die Einrichtungen sind durchzuführen „je nach der Anlage der einzelnen Kirchen ...“ Daß diese Umsicht nicht nur Theorie ist und daß auch in der Praxis mit größter Behutsamkeit vorgegangen wird, zeigt die Tatsache, daß in dieser Frage der Einrichtung überkommener Kirchenräume die Bischöfe sich sogleich mit den zuständigen Stellen des Denkmalamtes in Verbindung gesetzt haben.

Selbst die Sorge um die jetzt sehr notwendige Heranbildung der Gläubigen zu den neuen Formen engerer Teilnahme soll so geschehen, daß nicht alle über einen Leisten geschlagen werden, sondern man soll 'sich richten •„nach deren Alter, Ver-^hälthissen. Art des Lebens,“ Grad der religiösen Entwicklung“ (Konstitution Nr. 19).

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