Nur Geld nach Evaluation?

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Österreichs Universitäten sollen künftig evaluiert werden, ein umstrittenes Vorhaben: Es geht auch um Forschungsgelder.

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Österreichs Universitäten sollen künftig evaluiert werden, ein umstrittenes Vorhaben: Es geht auch um Forschungsgelder.

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Was ist gute Lehre und wie oder nach welchen Kriterien sollte Forschung beurteilt werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Symposiums "Evaluierung an der Universität - zwischen Qualitätsmanagement und Selbstzweck" im Dezember in Graz, organisiert von der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie (ÖGP).

Bereits 1993 wurde im Universitätsorganisationsgesetz (UOG) eine Evaluierung österreichischer Hochschulen, im speziellen die Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studierende, vorgeschrieben. Nun ist die Frage nach dem "wie" in den Vordergrund gerückt.

Evaluierung, so die allgemeine Auffassung, soll ziel- und zweckorientiert sein, hat dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Forschung zu entsprechen und soll als Planungs- und Entscheidungshilfe dienen.

Doch der derzeitige Gesetzestext stößt nicht auf allgemeine Gegenliebe. Obwohl man, so der Veranstalter, die Einführung einer Evaluierung an Universitäten und deren Ziele begrüßt, erfülle der vorliegende Gesetzestext nicht den gestellten Anspruch. "Die gesetzlich festgeschriebenen Evaluierungen sind nach Gegenständen gegliedert (Lehrtätigkeit, Forschungstätigkeit, ...) und sehen keine integrative Betrachtung aller Leistungen einer evaluierten Einrichtung vor ... Eine faire und sinnvolle Beurteilung universitärer Leistungen ist nur im Kontext des gesamten Aufgabenprofils möglich." Weiters, kritisiert die ÖGP, sehe der Gesetzestext zwei Evaluierungsinstrumente ausdrücklich vor - Arbeitsberichte der Institutsvorstände und die Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studierende - ohne diese zu begründen und ohne auf ihre Aussagekraft einzugehen.

Zwar bilde die Beurteilung durch Studenten die Basis für eine sachliche Diskussion und liefere wichtige Informationen, doch entspreche diese Beurteilung nur bedingt den Kriterien einer Evaluierung. "Die Ergebnisse einer großen Zahl empirischer Untersuchungen zeigten, daß die bloße Rückmeldung der studentischen Bewertung an die Lehrenden im Mittel zu keiner Verbesserung der Lehre führt," so die Erfahrungen der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie.

Auch beeinflussen gewisse Kriterien die Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studenten, etwa das Interesse der Studierenden am Inhalt der Veranstaltung - Pflichtveranstaltungen werden beispielsweise schlechter bewertet. Die Bewertung ist umso positiver, je häufiger der Studierende in der Lehrveranstaltung anwesend war und je besser der Lernerfolg ist. In unserem Nachbarland Deutschland ist man punkto Evaluation bereits einen Schritt weiter. Seit Anfang der 90er Jahre wird an Universitäten die Einführung einer Lehrerevaluation in Modellprojekten erprobt. "Die Lehrerevaluation ist jedoch umstritten", berichtet Heiner Rindermann von der Universität Magdeburg von seinen Erfahrungen.

Leistungsnachweis Auch an der Universität Potsdam wird derzeit das Modell der Evaluation von Lehre und Studium geprüft. Bewertet werden durch fachnahe Gutachter Lehrveranstaltungen, Fächer beziehungsweise Studiengänge. Das bisherige Ergebnis: "Qualität" kann nicht nur auf Kriterien der Effizienz und Finanzierung von Lehre und Studium reduziert werden. "Sinnvolle Beurteilungsperspektiven werden vielmehr dadurch eröffnet, daß Qualitätsbeurteilung auf Studienziele und Ausbildungsprofile, also auf angestrebte Ergebnisse der Ausbildung, bezogen werden, indem einerseits nach deren Praxisrelevanz gefragt wird und andererseits Lehrbetrieb und Studienwirklichkeit an den eigenen konzeptionellen Vorgaben und Zielen gemessen wird", so Universitätsprofessor Uwe Engel aus Potsdam.

Grundlage der Evaluation an der Universität Potsdam sind vierseitige Fragebögen für Vorlesungen und Seminare. Daneben werden Studenten, aber auch Absolventen nach ihren Erfahrungen, etwa auf dem Arbeitsmarkt, befragt. "Das Potsdamer Modell zeigt auf, daß aus studentischen Befragungen relevante Einsichten in die Qualität von Studiengängen gewonnen werden können", ist Engel überzeugt.

Ebenfalls mit dem Thema Evaluation hat sich im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr das Institut für Höhere Studien (IHS) befaßt. Der kürzlich vorgelegte Endbericht unter dem Titel "Wie kann oder wie soll Österreichs akademische Forschung evaluiert werden?" empfiehlt den Ansatz des "dualen Evaluationsmodus": n Das Monitoring: Dabei handelt es sich um die systematische, laufende und begleitende Erfassung und Dokumentation universitärer Leistungen und Effizienz. Das Monitoring sollte Forschung, Lehre und Verwaltung abdecken.

n Die "externe ex post Evaluation": Externe Gutachter sollen die Qualität der Forschung beurteilen, nach dem Motto: Wissenschafter bewerten Wissenschafter.

Evaluation sei, so das IHS, gerade für Österreich von Bedeutung, da zwischen den heimischen Universitäten ein echter und intensiver Wettbewerb - im Gegensatz zu den angloamerikanischen Ländern - bisher noch nicht stattgefunden hat. Evaluation wäre ein Beitrag zum Leistungsnachweis und zur Finanzierungskontrolle. "Österreichs Universitäten werden hauptsächlich öffentlich finanziert, und dabei vor allem öffentlich grundfinanziert. Damit ergibt sich die Notwendigkeit zur Rechtfertigung für den Erhalt öffentlicher Ressourcen seitens der Universitäten", so das IHS.

Mehr Selbstkontrolle Im Gegenzug zur der derzeit diskutierten weiteren Entflechtung zwischen Staat und Universitäten, der "Vollrechtsfähigkeit", müßten die Universitäten eine systematische und flächendeckende Selbstkontrolle von Leistung und Qualität einführen. "Der Anspruch wäre, daß alle Universitäten, die eine öffentliche Grundfinanzierung erhalten beziehungsweise in Zukunft erhalten möchten, durch ein Evaluationssystem erfaßt werden", schlägt das IHS in seinem Bericht an das Wissenschaftsministerium vor und: "Der Kernbereich der institutionellen Adressaten universitärer Forschungsevaluation wären sicherlich die zwölf etablierten Universitäten. Darüber hinaus wäre es aber grundsätzlich sinnvoll, ein solches Evaluationssystem auch auf andere Einrichtungen des Hochschulsektors (etwa die Donau-Universität Krems) sowie auf Kunstuniversitäten (Kunsthochschulen) und Fachhochschulen auszuweiten."

Beurteilt werden soll die universitäre Forschung nach Qualität, Effizienz, Relevanz und langfristigem Entwicklungspotential. Bewertet wird nach einer fünfteiligen Notenskala von "sehr gut" bis "nicht akzeptabel". Diese Beurteilung sollte letztlich auch für die Verteilung der öffentlichen Gelder ausschlaggebend sein.

Im Zuge des Berichts kritisiert das IHS aber auch, daß die gegenwärtigen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in Österreich unzureichend sind. "Deshalb empfehlen wir, daß in Österreich sowohl die öffentlichen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen im allgemeinen als auch die Forschungsausgaben des Bundes im speziellen weiter erhöht werden", heißt es in dem Bericht an das Wissenschaftsministerium.

Auch die Forcierung der Drittmittelfinanzierung und eine deutliche Erhöhung der Bundeszuwendungen an die beiden wichtigsten Institutionen für die öffentliche Forschungsförderung (FWF und FFF) wären sinnvoll. "Solch eine Erhöhung der Bundesmittel sollte natürlich auch von parallelen Evaluationsmaßnahmen begleitet werden, um eine optimierte Forschungsförderung zu gewährleisten", so die Empfehlung des IHS.

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