7101232-1995_12_17.jpg
Digital In Arbeit

Daffingers

19451960198020002020

In der CA-Hauptanstalt in Wien werden vierzig der meisterhaften Aquarelle aus dem Besitz der Akademie am Schillerplatz gezeigt.

19451960198020002020

In der CA-Hauptanstalt in Wien werden vierzig der meisterhaften Aquarelle aus dem Besitz der Akademie am Schillerplatz gezeigt.

Werbung
Werbung
Werbung

Moritz Michael Daffinger wurde am 25. Jänner 1790 in der Wiener Vorstadt Lichtenthai als Sohn des Porzellanmalers Johann Leopold Daffinger geboren. Bereits als Kind entdeckte er seine Leidenschaft für die Malerei. Vom Vater „angelernt”, kam er mit elf Jahren als Lehrling in die Porzellanmanufaktur und trat ein Jahr später, am 13. November 1802, in die Akademie der bildenden Künste ein. In der Porzellanmanufaktur verzierte Daffinger Tassen, Teller und Pfeifenköpfe mit Szenen aus der antiken Mythologie und später auch mit Porträtminiaturen. 1809 ging der junge Künstler von der Akademie ab und weitere drei Jahre später verließ er auch die Porzellanfabrik.

Mit seinen Porträtminiaturen zählte Moritz Michael Daffinger schon bald zu den beliebtesten Miniaturmalern und damit auch zu den Lieblingen der feinen Gesellschaft des Wiener Biedermeier. Neben der kaiserlichen Familie - er malte unter anderem Erzherzogin Sophie und ihren Sohn, den späteren Kaiser Franz Joseph, Kaiser Ferdinand und dessen Gemahlin sowie den Herzog von Reichstadt - zählte Staatskanzler Clemens Metternich zu Daffingers größten Förderern und Auftraggebern. Alle großen Familien der damaligen Zeit ließen sich von Daffinger porträtieren und so für die Nachwelt verewigen: die Liechtensteins, Schwarzenbergs, Lobkowitz und andere. Aber auch Vertreter des Großbürgertums und des Geldadels wie die Eskeles, Rothschilds und Arnsteins waren daran interessiert, von Daffinger gemalt zu werden. Moritz Michael Daffinger war fest in der Wiener Biedermeiergesellschaft verankert.

Stets dem Schöngeistigen zugetan, porträtierte er auch Künstler wie die Tänzerin Fanny Elßler, die Schauspielerin Sophie Schröder - mit der ihn eine leidenschaftliche Liebesaffäre verband - und den Schriftsteller Adalbert Stifter. Daffinger war ein sehr temperamentvoller Mensch und paßte - zumindest was seine politische Einstellung betraf - nicht ganz in die Zeit des Biedermeier. Mit seinen liberalen Aussagen verblüffte und verunsicherte er immer wieder seine Umwelt. Kritik brachte er an wo er konnte und wo er gerade wollte. Dies führte dazu, daß der Maler einige Male verhaftet wurde, aber seine glänzenden Verbindungen zum Adel und auch zum Kaiserhaus brachten ihm baldige Befreiung.

Besonders sein Freund Franz Grillparzer litt unter Daffingers oft brüsken und unüberlegten politischen Ausbrüchen. Grillparzer - als Beamter stets korrekt und genauversuchte zuweilen auch vergeblich, auf den dem Wein durchaus zugetanen Freund einzuwirken. So konnte es schon vorkommen, daß Daffinger, politische Parolen brüllend, von Grillparzer gestützt und durch dessen ängstliches „Psst” gemahnt, durch die Straßen des nächtlichen Wiens eskortiert wurde. Aber die Freundschaft der beiden Männer überdauerte alle Schwierigkeiten, auch dann, als Daffinger die von Grillparzer im stillen angebetete Marie von Smolenitz ehelichte.

Grillparzer wurde durch die schöne Frau, Tochter eines in Wien lebenden griechischen Kaufmanns, inspiriert und nahm diese als Vorbild für unzählige Frauengestalten in seinen Werken, etwa für die Hero in „Des Meeres und der Liebe Wellen”. Daffinger machte seine wunderschöne Frau fortan zu seinem Lieblingsmodell und später porträtierte er auch seine heißgeliebte Tochter Mathilde immer wieder. Die Ehe der Daffingers war auf Grund der beiden dominanten und temperamentvollen Persönlichkeiten nicht immer einfach und nicht einmal fungierte Hausfreund Grillparzer als Streitschlichter und Vermittler.

Mit'seinen unvergleichlichen Porträts war Moritz Michael Daffinger einer der erfolgreichsten und wohl auch wohlhabendsten Künstler des Wiener Biedermeier. Stets lustig, charmant und ungezwungen er-

schüttelte den Maler der plötzliche Tod seiner Tochter umso mehr. Immer mehr zog er sich vom gesellschaftlichen, aber auch beruflichen Leben zurück. In seinen letzten Lebensjahren malte er nur wenige Porträts, widmete sich aber dafür immer mehr der Blumenmalerei.

Seine Blumenaquarelle zeigen eine unübertroffene Perfektion und große künstlerische Raffinesse. Die intensive Leuchtkraft der Farben und die hohe Plastizität der Pflanzen machen das Können des Künstlers besonders deutlich. Daffinger besaß nachgewiesenermaßen hervorragende botanische Fachkenntnisse und arbeitete mit zahlreichen Fachgelehrten seiner Zeit zusammen. Jeder von ihm gemalten Pflanze hat er den lateinischen Namen sowie den jeweiligen Fundort hinzugefügt. Die Blumen sind in ihrer natürlichen Größe und zumeist mit vollem Wurzelwerk bis in das kleinste Detail

präzise wiedergegeben. Daffinger malte seine Blumen direkt in der Natur, der von ihm verwendete transportable Malkasten ist erhalten geblieben.

Die Pflanzen waren vor allem in der näheren und weiteren Umgebung Wiens, im Wienerwald, auf den Hausbergen Schneeberg und Bax sowie in der Landschaft um Mariazell und dem Erlaufsee zu finden. Der Naturfreund unternahm für seine Arbeiten aber auch größere Reisen nach Salzburg, Tirol, in die Krain und nach Istrien oder auf die Küwe-ger Alm bei Hermagor, um die damals gerade entdeckte Wulfenia zu malen. Auf all seinen Reisen war seine Frau Marie stets eine treue Begleiterin. Am 22. August 1849 erlag Daffinger der Cholera.

Seine Witwe verkaufte die schlos-Sammlung mit vierhundertfünfzehn Blumenaquarellen, die sich bis dahin im Besitz Daffingers befunden hatte, an die Akademie der bildenden Künste, wo die Werke auch heute noch sind. Vierzig dieser einzigartigen Blumenstudien sind nun für die Ausstellung „Ein Frühlingsstrauß - Blumenporträts von Moritz Michael Daffinger” von Robert Wagner, dem Leiter der Bibliothek und des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenden Künste, zusammengestellt worden. Bis 14. April ist die Schau zu den Banköffnungszeiten in der Creditanstalt, 1010 Wien, Schottengasse 6, zu sehen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung