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Schönberg-Kreis
Zu Beginn des Jahres 1919 wandte sich der „Verein für musikalische Privataufführungen“ mit einem von Alban Berg redigierten Prospekt an die Wiener musikalische Öffentlichkeit. Zweck des von Arnold Schönberg gegründeten und mit Statuten ausgestatteten Unternehmens war es, Interessenten und Kunstfreunden eine wirklich genaue Kenntnis moderner Musik zu vermitteln, gut studierte Aufführungen zu bieten und die neuen Werke sooft wie möglich zu wiederholen...
Zu Beginn des Jahres 1919 wandte sich der „Verein für musikalische Privataufführungen“ mit einem von Alban Berg redigierten Prospekt an die Wiener musikalische Öffentlichkeit. Zweck des von Arnold Schönberg gegründeten und mit Statuten ausgestatteten Unternehmens war es, Interessenten und Kunstfreunden eine wirklich genaue Kenntnis moderner Musik zu vermitteln, gut studierte Aufführungen zu bieten und die neuen Werke sooft wie möglich zu wiederholen...
Gleichzeitig wurde dafür Sorge getragen, daß diese Konzerte „dem korrumpierenden Einfluß der Öffentlichkeit“ entzogen würden. Daher waren sowohl Beifalls- wie Mißfallensäußerungen untersagt. Man sollte nicht genießen, sondern sich orientieren, sich über neue Musikwerke unterrichten. Besonders streng wurde der Ausschluß der Fachpresse gehandhabt. Die Kontrolle erfolgte mittels eines (nicht übertragbaren) Lichtbildausweises. Die Folge dieser Maßnahmen war, daß keine Zeitung und Zeitschrift und später keine Musikgeschichte über diese wichtige Institution berichtete.
Immerhin hatte der Verein 320 zahlende Mitglieder. In der Zeit von 1919 bis 1921 wurden 117 Konzerte mit 154 zeitgenössischen Werken einstudiert und aufgeführt, die meisten in Bearbeitungen für Kammerorchester oder für Klavier (bis zu acht Händen).Auch auf diesem Gebiet wurde aus der Not eine Tugend gemacht: durch den Verzicht auf Orchestereffekte und Klangfarben wollte man den Hörern die Substanz der neuen Musik klarmachen und beweisen, daß deren Komponisten nicht auf äußerliche Reizmittel angewiesen sind, sondern Werke schaffen, deren Substanz, deren Röntgenbild gewissermaßen, Interesse verdient. Diese privaten Konzerte und Proben fanden im Festsaal der bekannten Schwarzwaldschen Schulanstalt in der Wallnerstaße, im Ingenieur- und Architektenver-ein, später im Brahmssaal des Musikvereins oder im Schubertsaal des Wiener Konzerthauses statt. Die Reihe der aufgeführten Komponisten ist denkbar bunt. Reger stand bis Ende 1921 24mal auf dem Programm, Debussy 16mal, Bartök und Schönberg, der erst seit dem Frühjahr 1921 Aufführungen seiner Marke gestattete, je 12mal. „Wiederholung“ wurde groß geschrieben: von den 154 aufgeführten Werken wurden nur 54 je einmal gespielt. In der Organisation waren tätig: Paul Amadeus Pisfc, Josef Rufer, Rudolf Wenzel und Josef Pol-nauer. Als „Vortragsmeister“ fungierten Alban Berg, Anton Webern, Eduard Steuermann und Erwin Stein, der die Veranstaltungen nach einer Unterbrechung im Jahr 1921 weiter leitete. Aber aus dieser zweiten Periode besitzen wir keinerlei Aufzeichnungen. In der österreichischen Gesellschaft für Musik wurde eine Rekonstruktion des Gründungskonzertes vorgeführt, das Kurt Blaukopf vom Musikpädagogischen Forschungsinstitut der Akademie für Musik kommentierte. Auf dem Programm standen eine vierhändige Fassung der VII. Symphonie von Mahler (von der aber glücklicherweise nur die I. Nachtmusik in der Bearbeitung von Alfredo Casella gespielt wurde), hierauf folgten zwei Stücke aus den „Pro-ses lyriques“ von Claude Debussy und zum Abschluß Skrjabins Klaviersonaten Nr. 5 und Nr. 7. Die Wichtigkeit des Vereines für musikalische Privataufführunge-a ist vielleicht weniger dadurch erwiesen, daß hier mehrere Ur- und Erstaufführungen stattfanden, sondern daß durch ihn angeregt wurden: die Donaueschinger Kammermusikaufführungen (1921), die IGNM (1922), die International Composers Guild (1922) und die League of Composers (1923, New York) sowie ein von Zem-linsky geleiteter Prager Verein gleichen Namens wie die Wiener Gründung...
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