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Er wurde als eine Großtat mensch- lixhen Geistes gefeiert. Die Ausgebeuteten, die bei der Bauaflbeit ums Leben gekommen waren, wurden zu gefallenen Pionieren des Fortschritts hinauf stilisiert.

Nun ist der Suezkanal hundert Jahre alt. Aber hat er dieses Jubiläum noch erlebt? Mian kann ihm eigentlich keine Jubiläumsansprachen mehr halten, höchstens noch Grabreden. Vielleicht sollte man ihn für tot erklären, um den Nachlaß endlich regeln zu können.

Noch vor zehn Jahren hätte man sich schwer vorstellen können, wie der Welthandel eines Tages ohne Suezkanal Auskommen sollte. Aber seit Juni 1967 hat ihn kein Schiff mehr passiert. Nur ein paar Schiffe, die vom Junikrieg überrascht wurden, schaukeln noch in seinem Wasser und können weder vor noch zurück. v.

Der Welthandel hat sich verhältnismäßig schnell auf ein Leben ohne Suezkanal umgestellt Die Schifffahrtslinien profitieren von längeren Transportwegen und höheren Frachtraten — welches Glück in dieser vom Konkurrenzkampf so heimgesuchten Branche. Die großen Ölgesellschaften dimensionieren ihre neuen Tanker ohne Rücksicht auf Breite und Tiefe des Suezikanals. Auch seine Wiedereröffnung könnte dem Benzinpreis nichts anhaben.

Wie so manchem großen Toten, wünschen auch dem Suezkanal einige von denen, die am lautesten weinen, zuallerletzt eine Auferstehung.

Vielleicht sollte man das Jubiläum zum Anlaß nehmen, die „Gefangenen des Suezkanals“, die von der Sperre festgehaltenen Frachter, die per Flugzeug regelmäßig mit neuen Besatzungen versorgt werden, endlich abzuwracken. Sonst wäre es möglich, daß der zweihundertste Geburtstag eines längst wieder zum Rinnsal in der Wüste gewordenen Kanals ungefähr mit dem hundertsten Geburtstag eines mittlerweile vertraut gewordenen Monuments menschlicher Realitätsflucht zusam- menflele — „Wüstenschiffe“, einmal anders.

Verrostet und fern vom nächsten Wasser, aber noch immer ordnungsgemäß bemannt und — vor allem — versichert.

London statt Wien

Wir haben wiederholt auf die Eignung einer Wiener Malergruppe, der „phantastischen Realisten“, als Bühnenausstatter und Kostümzeichner hingewiesen. Die Maler Brauer, Lehmden, Fuchs, Hutter und Hausner sind überdies an solchen Aufgaben interessiert.

In ihrer gegenwärtigen Verfassung ist mit einer Initiative der österreichischen Bundestheater ebensowenig zu rechnen wie mit dem Direktorium der Salzburger Festspiele. Bleiben also — in Wien — das Volkstheater und die Josefstadt.

Inzwischen ist man aber im Ausland auf die Wiener Gruppe auf

merksam geworden, zuletzt in London, wo Erich Brauer im Covent Garden Theater die Oper „Salome“ von Richard Strauss ausstatten wird. Und in Wien?

Hier wird man sicher so lange warten, bis uns zumindest Graz wieder zuvorkommt Wie mit „Karl V.“

Wer's glaubt

Vizebürgermeister Felix Slavik hat anläßlich seines Israelbesuches in einem Interview in der „Jerusalem Post“ entschieden erklärt, daß es in der SPÖ keinen einzigen ehemaligen NS-Funktionär gäbe.

Was hat er sich dabei gedacht?

Postfüchslein

Keimen Sie sein Leiblied? „Denn bei der Post geht's nicht so schnell!“ Und er praktiziert es beispielsweise bei der Luftpost. Die wird aus ganz Wien auf den Westbahnhof geleitet und von dort (wieder durch ganz Wien) hinaus nach Schwechat. Wer nun glaubt, ein in Simmering oder gar im Ort Schwechat selber aufgegebener Brief müsse deshalb direkt nach Schwechat-Flughafen gelangen, der irrt: In vielen Fällen „reist“ er zurück nach Wien, auf den Westbahnhof, und wieder hinaus auf den Flughafen. Ja, in manchen Fällen, wo keine direkten Kurse ab Schwechat vorhanden sind (also Briefpost nach kleineren Zielorten im Ausland), weird sogar die auf dem Flughafen aufgegebene Post zurück auf den Westbahnhof und von dort (sortiert) wieder auf den Flughafen geleitet.

Ein ausgesprochenes „Stückel“ leistet sich das Postfüchslein aber im dritten Bezirk. Im Arsenal gibt es nämlich eine Reihe zentraler Postdienststellen, wie Fernmeldetechnisches Zentralamt usw. Und — wie praktisch — am selben Arsenal vorbei fährt ein Bus der Wiener Verkehrsbetriebe. Mit Straßenbahntarif: der 13 A. Neuerdings (als 7er-Ersatz zwischen Südbahnhof und Karls- platz) sogar bis Karlsplatz verlängert.

Wer glaubt, daß selbstverständlich auch die im Arsenal beschäftigten Postbediensteten mit dem 13 A ins Arsenal fahren (so wie hunderte brave Beamte, Angestellte und Arbeiter in der Gegenrichtung), der irrt. Denn das Postfüchslein führt schon zu wiederholten Malen in der Wintersaison! — einen eigenen Postzubringerbus zwischen Südbahnhof und dem Arsenal — nur für die Postbediensteten! Härt' ma's net

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